Betreff: Wildwuchs von Mobilfunkantennen in Maintal
Von: Alfred Tittmann
Datum: Sat, 25 Feb 2006 20:26:17 +0100

 
 

 

 

 

HLV INFO 28/AT

25-02-2006

 

 

Wildwuchs von Mobilfunkantennen in Maintal

 

Dipl.-Ing. Otto Einsporn 25-02-06

 

Bürgerinitiative MwW e.V.

Maintal wachsam gegen Mobilfunkanlagen in Wohngebieten

Kontakt: Dipl.-Ing. Otto Einsporn VDI, Waldstraße 48, 63477 Maintal

Tel.: 06109 65260,  Fax: 06109 66417,  e-mail: oeinsporn@t-online.de

 

Ein Beitrag zur Risikodiskussion Mobilfunk

22.02.2006     Seite 1 / 3

 

„Meine Damen und Herren, bitte schalten Sie jetzt Ihre Handys aus!“ hört man heute beim Beginn von Konzerten, Theateraufführungen, Vorträgen und ähnlichen Veranstaltungen. Das Beispiel dieser Anrede zeigt, wie die ursprünglich gute Idee mit dem Mobilfunk und wie dessen nach wie vor vorhandene Vorteile durch verantwortungslose Massenverwendung und die zunehmend zu Tage tretenden Nachteile überlagert und zum Teil zunichte gemacht werden.

 

Die Strahlung von Handys ist nicht so ungefährlich, wie von den Mobilfunkbetreibern immer wieder behauptet wird. Während sich die wissenschaftlichen Hinweise auf schwerwiegende Gefährdungen kontinuierlich verdichten, werden mit der Ausbreitung der UMTS-Technik immer mehr Mobilfunkantennen inmitten von Wohngebieten und in der Nähe sensibler Zonen wie Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern u.ä. aufgestellt.

 

Auch die Stadtverwaltung Maintal sieht dem Wildwuchs von Mobilfunkantennen, d.h. dem nicht wie (angeblich) vereinbarten Abbau vorhandener Antennen, der Errichtung und Inbetriebnahme neuer bisher nicht vorgesehener Antennen und der Akquisition weiterer Nutzungsverträge für Antennen mit privaten Immobilienbesitzern tatenlos zu. Anfragen besorgter Bürger um Informationen über den Stand des Mobilfunknetzausbaus in Maintal werden von der Stadtverwaltung verweigert.

 

Das Diktum des ehemaligen Bundeskanzlers Schröder: „Künftig müsse zuerst über die Chancen und dann erst über die Risiken neuer Technologien gesprochen werden“ steht in diametralem Gegensatz zum Bericht des Club of Rome ‚Die Grenzen des Wachstums‘: „Wenn eine immer längere Zeit zwischen der Freisetzung eines Schadstoffes und seiner schädlichen Wirkung liegt, so wissen wir auch, dass alle Maßnahmen, diese Wirkung künftig zu vermeiden, eine genauso verzögerte Wirkung haben. Das heißt, dass Maßnahmen, die erst ergriffen werden, wenn sich die schädlichen Wirkungen gezeigt haben, viel zu spät kommen. Diese schwierigen Systeme machen es erforderlich, in der Gegenwart Maßnahmen gegen Folgen in der fernen Zukunft zu ergreifen, die für einen Großteil der augenblicklich lebenden Menschen ohne praktischen Belang sind“. Aber intellektuelle Einsichten bleiben akademisch, wenn sie sich nicht politisch auswirken. Und, wie Ludwig Erhard sagte: „Politik ist nicht nur die Kunst des Möglichen, sondern die viel schwierigere Kunst, das sachlich Notwendige politisch möglich zu machen“.

 

Das sachlich Notwendige politisch möglich zu machen scheitert in Maintal leider an der Weigerung der Stadtverwaltung, in einer konstruktiven, vorwärts gerichteten Zusammenarbeit mit den Bürgern ein Konzept für einen Mobilfunk-Netzausbau in Maintal zu entwickeln, dass dem Gesundheitsinteresse der Bevölkerung Vorrang vor dem Wirtschaftsinteresse der Mobilfunkbetreiber einräumt.

 

 

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Nach diesen Vorbemerkungen zurück zu dem realistischen Alltag einer Hausfrau die gerade ihr Handy gedankenlos nutzt: „Mach Dir keine Sorgen , Liebes, ich bin gerade in der U-Bahn, steige jetzt die Treppe hinauf und passiere den Eingang. Ich melde mich wieder, sobald ich vom Bäcker komme. Ende!“ Ein Beispiel dafür, wie eine technische Meisterleistung und ein sehr wichtiges Arbeitsinstrument durch schrankenlose Ausbreitung, durch sinnlose und verantwortungslose Nutzung und durch entsprechend schädliche Auswirkungen zum Problem werden kann.

 

Von der schrankenlosen Ausbreitung sind besonders minderjährige Kinder und Jugendliche betroffen, die lt. Informationszentrum Mobilfunk IZMF inzwischen ca 60% der Mobilfunknutzer stellen. (Das Informationszentrum Mobilfunk IZMF ist die gemeinsame Werbe- und Propaganda-Einrichtung der Mobilfunkbetreiber). Aber gerade diese Bevölkerungsgruppe ist durch Mobilfunkstrahlen nicht nur gesundheitlich, sondern auch direkt finanziell mehr gefährdet als Erwachsene.

 

Verbraucherorganisationen und Verbraucherschutzbehörden in ganz Europa haben im April 2004 einen gemeinsamen „Verbraucherschutz-Aktionstag gegen dubiose Mobilfunkangebote für Kids“ veranstaltet. Die Verbraucherschützer bemängeln vor allem die Werbung für kostenaufwendige Dienste wie das Herunterladen von Handy-Klingeltönen, Flirt-Chats oder SMS-Diensten. Dem agressiven, häufig rechtswidrigen Marketing der Mobilfunkbetreiber sind Kinder und Jugendliche schutzlos ausgeliefert. So fiel eine 13-Jährige auf einen Werbespot für eine Flirt-Hotline herein und tauschte neun Tage Handynachrichten mit einem „Dennis“ aus, der immer wieder neue Fragen stellte, tatsächlich aber ein psychologisch geschulter Mitarbeiter eines Call-Centers war. Der Chat kostete das Mädchen 487,35 €.

 

Immer lästiger werden für arglose Handybesitzer auch die Tricks, mit denen unseriöse Firmen ihnen das Geld aus der Tasche ziehen. Oft klingelt das Handy nur einmal und auf dem Display erscheint „Anruf in Abwesenheit“ samt einer 0190er oder 0137er Nummer. Ruft der Angerufene zurück, hört er am anderen Ende nur ein Freizeichen. Er erkennt nicht, daß er damit aber schon längst verbunden ist, denn das Freizeichen kommt vom einem ange-schlossenen Band und der Gebührenzähler rattert. Je länger er wartet, um so teurer wird das Gespräch. Bester Schutz für die Handynutzer: Anrufe oder SMS dieser Art einfach ignorieren.

 

Auch mit technisch und ergonomisch unausgereiften Handys kann man leicht und ungewollt in die Kostenfalle geraten schreiben die VDI-Nachrichten am 21. Mai 2004. Manch ein Handynutzer ist genervt. Drückt man nur einmal auf die falsche Handytaste, ist man sofort mit dem Internet verbunden und es fallen unbemerkt Kosten an. 100 € standen plötzlich auf der Monatsrechnung des genervten Nutzers eines T610-Sony-Ericsson mit Vodafone-Live-Portal. Anderen Mobilfunknutzern mit Geräten wie dem Sagem MY V-65 oder dem Sharp GX-10  sind ebenfalls betroffen. Drückt man beim Sony-Ericsson T630 versehentlich den Joystick nach oben oder betätigt die T-Zones-Taste, wählt sich das Gerät per „Klick to surf“ ins Internet ein. Dabei kann es zusätzlich durch „Branding“ mit der Marke des Unternehmens und seinen Diensten verbunden sein. Selbst wenn der Handynutzer es sofort bemerkt, wird mindestens eine GPRS-Einheit fällig. In der mobilen Online-Welt verbergen sich aber auch noch andere Kostenfallen. Wer sich seine E-Mails aufs Handy schicken läßt, muß beim Konfigurieren höllisch aufpassen. So kann sich die automatische E-Mail-Abfrage alle  fünf Minuten per GPRS leicht zu einigen hundert Euro summieren. Das Handy eines Schweizer Swisscom-Kunden fragte 288-mal am Tag nach neuen E-Mails nach. Die Quittung waren über 2000 Franken auf der Monatsrechnung.

 

 

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Die unausgereifte Technik sowohl der Mobilfunk-Endgeräte als auch der Mobilfunk-Infrastruktur stellt die Mobilfunkindustrie vor große wirtschaftliche Probleme. Bei dem schnellen Fortschritt der Mobilfunktechnik ist es schwer, langfristig gültige Entscheidungen zu treffen, weil die Entscheidungsgrundlagen sich ständig und schnellebig ändern. Einerseits ständig neue Syteme – andererseits Absatzschwierigkeiten noch unfertiger und trotzdem schon wieder überholter Syteme

 

„Sonne am Handyhimmel:: Boom mit TV und Internet“ lautet die Überschrift der VDI-Nachrichten vom 17.Februar 2006 über den 3GSM World Congress in Barcelona. Die Mobilfunkbetreiber strotzten vor Optimismus. Weltweit sollen bis 2010 fast 900 Mio. Handys verkauft werden. Noch allerdings tut sich die Technik schwer: Nur rund 2% aller Handys sind zurzeit für die dritte Mobilfunkgeneration ausgerüstet, in die weltweit rund 100 Mrd. € investiert wurden. Mit HSDPA (High Speed Downlink Packet Acces), einer Software, die UMTS rund fünfmal schneller macht, will die Branche den Turbo anwerfen Allerdings meint Jorma Ollila, Chef des Handy-Weltmarktführers Nokia, dass nur jedes zehnte Gerät, dass 2006 verkauft wird, mit UMTS ausgestattet sein wird. T-Mobile Chef René Obermann will ab der CeBIT 2006 in Deutschland DSL-Geschwindigkeiten über sein Mobilfunknetz anbieten.

 

Was die Menschen jedoch tatsächlich mit den neuen schnellen Handys anfangen sollen, darüber gingen auch auf der 3GSM die Meinungen weit auseinander: Für T-Mobile-Chef Obermann wollen Kunden schlicht Internet und E-Mail komfortabel auf dem Handy nutzen.

Das von Samsung und Siemens propagierte Fernsehen auf dem Handy ist für ihn kein Thema.

Haben die Experten von Deloitte recht, so muß der schnelle Mobilfunkstandard auch 2006 weiter auf seinen Durchbruch warten. Zwar werde das laufende Jahr den UMTS-Betreibern Neuverträge im Millionenbereich bringen, aber: „UMTS fehlt noch eine Killerapplikation, wie es Sprache und SMS-Dienste für 2G sind“. Die Infrastruktur sei mittlerweile vorhanden, doch sei für die Verbraucher kein besonderer Mehrwert zu erkennen, für den es sich lohne, tiefer in die Tasche zu greifen. Statt dessen bleibe auch 2006 die Vorgängertechnologie 2G wichtigster Wachstums-, Umsatz- und Gewinnträger für den mobilen Sektor.

 

Auch auf dieser Mobilfunkmesse 3GSM World gab es keine Gesundheitsdiskussion. Die sich kontinuierlich verdichtenden wissenschaftlichen Hinweise auf schwerwiegende Gefährdungen durch Mobilfunkstrahlen werden von den Verantwortlichen ignoriert oder der Bevölkerung verschwiegen, um eine von wirtschaftlichen Interessen dominierte Politik durchzusetzen. Die Verabschiedung demokratischer Grundwerte und die politische Ausbürgerung gesellschaftlicher Verantwortung werden bewußt in Kauf genommen. Die Mobilfunkindustrie verfolgt konsequent die Unterwanderung der Demokratie durch kommerzielle Interessen bis hinein in wissenschaftlich unseriöse Grenzwerte, auf die sich dann Politiker, ihre Berater, aber auch Gerichte stützen. Das Bündnis von Politikern mit der Mobilfunkindustrie und ihrem Kapital hat einen politischen Stil hervorgebracht, der das demokratische Gemeinwesen schädigt und immer mehr Bürgern das Gefühl nimmt, politisch-gesellschaftlich noch mitbestimmen zu können.

 

Ein erheblicher Teil der Bevölkerung wird gezwungen, mit seiner gesundheitlichen Gefährdung, mit Wertminderungen von Wohnungen und Häusern, mit wirtschaftlichen Belastungen durch passive Strahlenschutzmaßnahmen u.a. die Zeche für die Gewinne der Mobilfunkbetreiber und für das Versagen der politisch Verantwortlichen zu bezahlen – ein einzigartiger gesundheitlicher und politischer Skandal !

 

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HLV- Kommentar:

 

Die rote Markierung bezüglich der negativen Verhaltensweise der Hauptamtlichen in der Stadt Maintal wurde von der HLV Redaktion angebracht.

 

Erinnern Sie sich an die HLV INFO 187/AT vom 13.12.2005? (s. nachfolgend noch einmal

aufgeführt.)

 

Und gerade dieser besagte „Umweltbeauftragte der Stadt Maintal“ sollte sozusagen

den Bruchköbeler Bürgern als erfolgreicher Experte, als „Lösungsmanager der Nachbargemeinde“ verkauft werden!

 

Den Protagonisten in Bruchköbel ist dies allerdings nicht gelungen!

 

Er konnte dem Gemeinderat Frank Sommer nicht den kleinen Finger reichen!

 

 

Auszug aus der HLV INFO 187:

 

Anhörung vor dem Ausschuss für Bau, Umwelt und Verkehr in Bruchköbel am 6.12.2005:

 

Bezüglich der redaktionellen Darstellung des Beitrages “Gräfelfinger

Modell“, vorgetragen von RA und Gemeinderat Frank Sommer, der absolut

professionell auch den Stadtverordneten kompetent auf jede Frage entsprechend

Antwort geben konnte ist nichts weiteres hinzuzufügen.

 

Interessant dagegen allerdings ist die Vorgehensweise in Maintal:

 

Der Umweltschutztechniker der Stadt Maintal Herr Weiß, bestätigte, dass es keine

flächendeckende qualifizierte Senderstandortplanung im Sinne Gräfelfing oder Attendorn

gäbe. Vielmehr setzt man auf ein von ECOLOG erstelltes Gutachten mit Senderstandort-

Empfehlungen, auf der Basis einer Exposition von 10 000 Mikrowatt/qm! Die meisten der

von ECOLOG empfohlenen Standorte, allerdings ohne Berücksichtigung topographischer

Gegebenheiten wären von den Betreibern akzeptiert worden.

Außerdem hätte sich die Stadt hierbei dazu entschlossen alle Verhandlungen mit den Betreibern “hinter verschlossenen Türen“, ohne Kenntnis der Bevölkerung zu führen.

Man habe die Erfahrung gemacht, dass man auf diesem Wege ohne große Polarisation und Emotionen seitens der Bevölkerung schneller zum Konsens mit den Betreibern kommen könne!

 

So sei immerhin in allen Stadtteilen, mit einer Ausnahme (Hochstadt) über Einzelplanungen eine zufrieden stellende Mobilfunkversorgung erreicht worden.

 

Diese zumindest sehr fragwürdige politische Vorgehensweise sowie insbesondere die Festlegung auf den überhöhten ECOLOG –Wert wurde seitens der BI Mitglieder und auch von Oppositionsparteien stark kritisiert. U.a. wurde auch auf den Maintaler Ärzte-Appell hingewiesen, in welchem über 26 Ärzte warnen und ihren Protest über die Senderstandortfestlegung kund tun. Sinngemäß hierzu äußerte sich der Verantwortliche, dass

solange diese Ärzte keine epidemiologische Erhebung wie in Franken (Naila) vornehmen, der Protest sicherlich keinen hohen Stellenwert einnehme.

 

Auch angesichts dieser geistigen negativen Grundhaltung eines politisch Verantwortlichen, die im Grunde genommen der Planungshoheit einer Gemeinde zuwiderläuft, um in jedem Falle betreiberhörig zu einem Konsens zu kommen, kann nur der Schluß gezogen werden:

 

“Nur die kollektive Macht der Zivilgesellschaft kann zu Veränderungen führen!“

 

PS. Die bevorstehenden Kommunalwahlen bieten hierzu eine gute Gelegenheit, fahrlässig handelnde Politiker abzustrafen!!!