Elektrosensibilität - ein Stress-Syndrom

Die Monatsseite 04 - 2005 mit Gastautorin

Dr. Birgit Stöcker, Vorsitzende des Verein für Elektrosensible e.V., München

 

 

Der Verein für Elektrosensible e.V. München existiert seit 1989 und hat in dieser Zeit ca. 3000 Betroffene beraten und zum Teil über Jahre begleitet. Zusätzlich wurde umfangreiche Literatur bewältigt, welche durch diverse Pilotstudien mit Ärzten und Umweltlabors bestätigt werden konnte. Politisch war man ständig im Gespräch mit Ministerien, Bundesämtern, Politikern, Wissenschaftlern, Firmen und allen, die an diesem Thema interessiert waren. Insofern liegt nun nach 15 Jahren Arbeit ein umfangreiches Erfahrungswissen vor.

 

Dr. Birgit Stöcker im Gespräch mit Forschern der Industrie:
links Prof. David, Witten-Herdecke, rechts Herr Friedrich, FGF, Bonn.
Ort: WHO-Tagung zur "Electromagnetic Hypersensitivity", Oktober 2004 in Prag

 

Nach dem heutigen Stand der Diskussion sieht der Verein die Elektrosensibilität (engl. Hypersensitivity) in der Hauptsache als ein Stress-Syndrom, gekennzeichnet durch erhöhte Sympathikus-Aktivität, verstärkte Aktionspotenziale, Ausschüttung von Stressfaktoren (wie Freie Radikale, Adrenalin, Noradrenalin, Histamin, Cholesterin, etc.). D.h. es stellt sich nicht die Frage: Wie verarbeitet der Einzelne die elektromagnetische Strahlung?, sondern: Wie geht der Kranke bzw. der Gesunde mit Stress um?

Entsprechend der individuellen Toleranz gegenüber diesen Stressfaktoren leiden Betroffene an unspezifischen Symptomen, wie Schwindel, Kopfschmerzen, chronischer Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Menièrschen Anfällen und sogar Epilepsie. Oder sie klagen über schwankenden Blutdruck, Atemnot, Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzinfarkt. Da diese Probleme nach Abschalten der elektromagnetische Quelle in der Regel zurückgehen, sprechen wir von einem Frühwarnsystem des Körpers, welches nicht unterschätzt werden darf.

Die Diagnostik der Elektrosensibilität ist sehr einfach, da Stressfaktoren labormedizinisch gemessen werden können. Wenn nötig, kann durch eine in-vivo- bzw. in-vitro-Provokation mit elektromagnetischen Feldern (z.B. durch ein 15-Minuten-Gespräch mit einem Handy oder DECT-Telefon) die Kausalität zwischen EMF und der Ausschüttung dieser Faktoren hergestellt werden.

Therapeutisch hat die Schulmedizin genügend anzubieten mit Betablockern, Calcium-antagonisten, Calciumkanalblockern, Antiepileptika sowie die Naturheilkunde durch Vitamine, Nahrungsergänzungsmittel, Homöopathika, u.a.

In Fällen des Verdrängens dieses Stressphänomens (evtl. auch durch direkte elektromagnetische Ursache) kann es früher oder später zu Elektroschädigungen (engl. Electro-injuries) kommen mit einem hohen Anteil an den Zivilisationserkrankungen der Moderne. Dazu zählen:

Veränderungen im Nerven- und Hormonsystem, Herz-/Kreislauf-Effekte, Wirkungen auf die Immunität, Störungen des Eiweiss-, Fett-, Kohlenhydrat- und Mineralstoffwechsels, Zellvermehrung (Krebs) sowie genetische Folgen. Eine solche Strahlenkrankheit ist in der Regel irreversibel, sie tritt nicht nur bei Elektroempfindlichen auf, sondern kann, ohne dass die Belastung spürbar ist, alle in der Gesellschaft treffen. Diagnostik und Therapie richten sich nach den vorliegenden Symptomen. Provokation mit EMF kann Kausalität nachweisen, z.B. durch Messung von Blutdruckveränderungen, Immunmodulation. Klarheit schafft heute vor allem der Gentest Trotzdem sind die medizinischen Zusammenhänge oft schwer zu erkennen, da es sich bei Umwelt-/Zivilisationserkrankungen in der Regel um einen Synergismus von Vielfachbelastungen handelt.

Dabei beobachten wir folgende:

Als ein anderes Problem ist die Elektrosensitivität (engl. Hypersensibility) zu sehen, nämlich als sensorische Störung im Sinne einer verstärkten Wahrnehmung von EMF. Hier liegen bereits neurologische/neuropathische Vorschäden zugrunde; z.B. Zustand nach Meningitis, Borreliose oder Multiple Sklerose; Fälle eines Hirnstamm-Syndroms, Hirntumors oder durchgemachten Schädelbruches.

Zur Diagnostik bedarf es eines umfangreichen neurologischen Check-ups, wobei die Sensitivität sich in der Regel aus dem Krankheitsbild ergibt. Auf eine in-vivo-Provokation sollte bei solchen Patienten verzichtet werden. Die Therapie entspricht der diagnostizierten Grunderkrankung. Kann eine Heilung nicht erfolgen, gilt es die Reizleitungen zu dämpfen (z.B. durch Lexotanil).

Ein neues Phänomen ist die Elektro-Allergie (engl. Electro-allergy), die vor allem bei jungen Menschen als Frequenzsensibilität auftritt. Hier liegt in der Regel nicht die klassische Anamnese einer ansteigenden Umwelterkrankung vor (wie Schwermetall-Intoxikation, Allergie, chemische Sensibilität, Elektro-Empfindlichkeit und -Schädigung). Sondern hier reagieren Personen auf einzelne Frequenzen, mit denen sie hauptsächlich Kontakt hatten, z.B. diejenigen des ständig benutzen Handys. Dagegen zeigen sie meist keine veränderte Reaktion gegenüber Computern oder Niederfrequenzgeräten.

Wie diese Darstellung des Elektrosensibilitätsproblems zeigt, sind die biologischen Effekte in den letzten Jahrzehnten völlig falsch eingeschätzt worden. Durch die steigende Technologisierung und vor allem durch die Einführung des Mobilfunks ist jedoch Bewegung in die Bewertung dieser Auswirkungen gekommen. Ordnet man die biologischen Effekte aus weltweit tausenden von Studien in diese dargestellte Vierteilung ein, ergibt sich ein völlig logisches elektromagnetisches Syndrom.

Petition zu Handen der WHO

 

Quelle: http://stopp-esmog.andereseite.info/editorial/index.html