Was weiß die Telekom wirklich (neu)??

Erweiterte Version,  27.04.2001

Die folgende Kurzfassung eines Vortrages wurde mit Zustimmung der Deutschen Telekom (Forschungszentrum Darmstadt) in einem Kongreßband (ETC 96, Europäische Telemetrie Konferenz, Garmisch-Partenkirchen 21.5. – 23.5.96) veröffentlicht. Mitarbeiter der Deutschen Telekom waren im Labor von Professor Semm bei den Versuchen anwesend, haben diese anerkannt und mit publiziert. Zur Überprüfung der Reproduzierbarkeit der Reaktionen der Nervenzellen wurde der amerikanische Biologe und Verhaltensforscher Prof. Dr. R.C. Beason, (damals State University of New York at Geneseo) auf Kosten der Telekom eingeladen. Er konnte die Ergebnisse voll bestätigen und wird sie in Kürze als Co-Autor zusammen mit Herrn Semm veröffentlichen.
Verantwortlich für Übersetzung und begleitenden Text: Siegfried Zwerenz / Bürgerwelle e.V.

Deutsche Übersetzung [Ergänzungen zur besseren Verständlichkeit kursiv in Klammern]:

 

Neuronale Antworten auf schwache elektromagnetische Felder im Bereich von 900 MHz

 

P. Semm, S. Marhold*, E. Holtkamp-Rötzler*, K.-P. Dombek and R.C. Beason**
Deutsche Telekom, Technologiezentrum
PO Box 10 00 03, 64276 Darmstadt, Germany
*University of Frankfurt, Dept. of Zoology, Germany
**SUNY at Geneseo, Dept. of Biology, USA

Einleitung
Seit längerer Zeit gibt es ein starkes Interesse an biologischen Effekten von elektrischen und magnetischen Feldern. Die beobachteten Effekte sind sehr unterschiedlich und beziehen das Orientierungsverhalten von Vögeln am Magnetfeld der Erde und ebenso Mikrowellen mit ein, die zum Erhitzen von Speisen verwandt werden. Das Ziel der hier kurz beschriebenen Versuche war es, an einzelnen Nervenzellen im Gehirn von Vögeln (Zebrafinken) die Effekte der elektromagnetischen Felder der Mobilfunk-Trägerfrequenz 900 MHz ohne Modulation sowie mit der Modulation von 217 Hz zu messen. Die Leistungsflußdichte betrug im Mittel 0,1 mW/cm² [= 100.000 nW/cm² = 1.000.000 µW/m²].

Methode
Das 900 MHz Signal wurde durch einen Radiofrequenzgenerator und einen Verstärker erzeugt. Die Pulsmodulation von 217 Hz wurde durch einen frei laufenden Oszillator geliefert. Das Tier wurde im narkotisierten Zustand in einem Hohlleiter den Feldern ausgesetzt, um Interaktionen zu vermeiden.

Ergebnisse
Wir beobachteten deutliche und reproduzierbare Änderungen [der elektrischen Aktivität von Nervenzellen] in Zusammenhang mit der 900 MHz Exposition.
[Nervenzellen aller Tiere verständigen sich untereinander durch sogenannte Aktionspotentiale, die durch Kontaktstellen (Synapsen) in ein chemisches Signal umgewandelt werden, das wieder entweder ein hemmendes oder erregendes elektrisches Signal im nachgeschalteten Nerv erzeugt.]
Mehr als 60% der Nervenzellen wurden durch das elektromagnetische Feld betroffen und reagierten entweder mit einer Steigerung (80%) oder Hemmung (20%) ihrer elektrischen Aktivität. Die typische Antwort bestand darin, daß nach einer Zeit von zum Teil mehreren Minuten die Aktivität einer Zelle anstieg und dann oft länger als 10 Minuten über die Präsentation des Feldes hinaus auf diesem Aktivitätsniveau blieb.
[Wenn z.B. Nervenzellen aus dem Auge auf Licht reagieren, so geschieht dies im Bereich von Millisekunden].
Die Pulsierung scheint einen maßgebenden Einfluß auf die Reaktion zu haben. Die ungepulste Hochfrequenz rief im Vergleich dazu nur kleine Effekte hervor.

Schlußfolgerungen
Unsere Untersuchungen haben deutlich gemacht, daß die elektrische Aktivität von einzelnen Nervenzellen im Gehirn von Vögeln durch schwache gepulste elektromagnetische Felder  beeinflußt werden kann. Dabei kam es nicht darauf an, in welchem Hirngebiet die Nervenzellen lokalisiert waren. Die biologischen Konsequenzen dieser Reaktionen sind bei Vögeln nicht bekannt. Weitere Forschungen sind in Arbeit.
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Anmerkung der Bürgerwelle:

Es kann geschlossen werden, daß ein nicht narkotisierter Vogel durch die Beeinflussung im Verhalten deutlich gestört wäre. Seine Überlebensfähigkeit dürfte sehr eingeschränkt sein. Die Übertragung dieser Tierversuche auf den Menschen ist insofern gültig, als EEG-(Elektroenzephalogramm) Ableitungen am menschlichen Schädel ähnlich deutliche Reaktionen liefern. Es ist zu beachten, daß Nervenzellen bei Mensch und Tier nach dem gleichen elektrochemischen Prinzip funktionieren und gleichartig aufgebaut sind.

Prof. Semm machte diese Feststellungen noch bei 200 nW/cm².  Das ist ca. 2350- fach unter dem gültigen Grenzwert! Weil Prof. Semm nicht mit noch geringeren Leistungen geforscht hat, da diese Versuche in der Nähe des stark strahlenden Frankfurter Fernsehturms durchgeführt wurden und dort das Hintergrundrauschen stark erhöht war, kann er auch nur vermuten, daß Nervenzellen auch noch weit unterhalb dieses Wertes falsch reagieren. Diese neuronale Schwelle müßte unbedingt in elektromagnetisch weniger belasteten Labors erneut bestimmt werden.
Im übrigen wurden 1994, in von der Telekom bezahlten Versuchen, Tauben einem Handy-Feld von 0,1 mW/cm² ausgesetzt. Allein zu diesem Zweck wurden technisch sehr aufwendige Versuchskammern gebaut, um die Versuchsbedingungen so exakt und tiergerecht wie möglich zu gestalten (jeder Kasten erforderte einen finanziellen Aufwand von DM 20.000.-).
Das erforderliche Blut wurde mit einem Nachtsichtgerät (Anschaffungskosten DM 18.000) entnommen, um jeglichen Lichteinfluß auszuschließen. Bei den bestrahlten Tauben wurde der mitternächtliche Sekretionshöhepunkt des Melatonins um mehrere Stunden verschoben, so daß es – auf den Menschen bezogen – zu einem “jet lag“ kam, so wie sie bei Flügen über mehrere Zeitzonen vorkommen. Da in der Kontrollgruppe (nicht bestrahlte Tiere) ein Ausreißer war, hätten die Versuche aus Gründen der wissenschaflichen Redlichkeit wiederholt werden müssen.
Dies wurde aber von der Telekom, obwohl die Gelder vorhanden waren, untersagt!

Fazit: Die Telekom weiß aus eigenen Versuchen, daß es weit unterhalb der Grenzwerte zu gesundheitlichen Störungen kommt, behauptet aber öffentlich, die Grenzwerte wären sicher.

Verantwortlich für Übersetzung und begleitenden Text:
Siegfried Zwerenz / Bürgerwelle e.V.
© Bürgerwelle e.V., Lindenweg 10, 95643 Tirschenreuth

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Nachfolgend der Orginaltext aus dem Tagungsband:


Neuronal Responses to Low-intensity Electromagnetic Fields at 900 MHz

P. Semm, S. Marhold*, E. Holtkamp-Rötzler*, K.-P. Dombek and R.C. Beason**
Deutsche Telekom, Technologiezentrum
PO Box 10 00 03, 64276 Darmstadt, Germany
*University of Frankfurt, Dept. of Zoology, Germany
**SUNY at Geneseo, Dept. of Biology, USA

Introduction
There has been an interest in the effects of electric and magnetic fields on biological systems for a long time. The effects claimed are highly diverse, ranging from low-intensity influences on animal navigation to thermal effects that occur at high dosages such as used for microwave cooking. The objective of our research was to investigate the specific effects of both CW and 217 Hz pulse modulated 900 MHz RF carriers (average power density of 0,1 mW/cm²) on single neurons in the avian brain (Zebrafinch, Taeniopygia guttala)

Methods
The 900-MHz signal was generated by an RF oscillatro/amplifier unit. Pulse modulation of the signal was produced by a free running function generator set for 217 Hz square wave signal with a duty cycle of 12,5%. The animal was exposed in a monomode circular waveguide, minimizing RF interference.

Results
It could be shown that there are reproducible responses to the 900-MHz exposure. More than 60% of the neurons recorded respond to the exposure with either an increase of their spontaneous electrical activity (80%) or with depression (20%). The typical response exhibits an unusually long latency (sometimes in the range of several minutes) and an augmented activity which persisted past the stimulation period sometimes for more than 10 min. The modulation seems to have an essential influence on the response. By contrast, the unmodulated signal caused minor changes in electric activity only.

Conclusion
There is some evidence that low-intensity EMFs can change the spontaneous activity of single cells in the avian brain. This response is not limited to a special set of neurons. However, the consequences for the general physiology of the animal are still unknown. Further investigations are in progress.