Kommt wieder: Pager

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WIWO 22.2.02

Trotz SMS: Der Pager lebt

Als die SMS in Mode kam und fast jedes Kind plötzlich ein Handy hatte, wurde es um den Pager ganz still. Der kleine Funkruf-Empfänger galt als technisches Auslaufmodell. Doch nun erlebt der Pager seinen zweiten Frühling.

Der Grund: Die SMS-Preise für Großabnehmer sind um das Dreifache gestiegen. Zudem hat das Paging im Laufe der Jahre lukrative Nischen entdeckt und hat sich vom defizitären Service für Kleinkunden verabschiedet.

Pager sind etwas kleiner als eine Zigarettenschachtel und haben in der Regel ein mehrzeiliges Sichtfenster. Im Gegensatz zu Handys können sie Nachrichten nur empfangen, aber nicht selber aussenden. Deshalb sah es lange so aus, als würde Handys und Taschencomputer den Pager verdrängen.

Auch heute sehen viele Experten schwarz für die kleinen Funkruf- Geräte. „Der Markt für Pager ist nur noch äußerst unbedeutend. Aus dem Handel sind die Geräte auch fast verschwunden“, sagt Frank Erdle, Geschäftsführender Redakteur der Fachzeitschrift „Connect“. Der Konkurrent des Pagers, das Handy, sei seit dem Prepaid-Boom einfach zu billig.

Im Gegensatz dazu sieht Prof. Bernhard Walke, Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationsnetze an der Hochschule Aachen, bei Pagern ein „erhebliches Entwicklungspotenzial“. In einer Studie kommt Walke zu dem Schluss, dass vor allem die Gruppenruf-Funktion der Pager enorme Einsparmöglichkeiten mit sich bringt. Diese Funktion ermöglicht es, mit einem Knopfdruck beliebig viele Adressaten zur selben Zeit zu erreichen.

Der Markt der Paging-Dienste ist einfach strukturiert: Nachdem die Deutsche Funkruf (DFR) und die Miniruf ihre Dienste einstellten, gibt es nur noch das vor zwei Jahren gegründete Unternehmen E-Message.

„Wir haben uns im Gegensatz zu den anderen von Anfang an auf die Geschäftskunden konzentriert“, sagt Sprecherin Angelika Griebner. Mit den herkömmlichen Angeboten für Kleinkunden, wie „Scall“ oder früher „Quix“, verdiene man nichts. Denn Paging-Dienste müssten ja auch noch ein eigenes Funkruf-Netz betreiben.

Für Paging im Business-Bereich sprechen Griebners Angaben zufolge mehrere Gründe. Die kleinen Funkruf-Empfänger seien fast überall erreichbar, auch in Tiefgaragen und Aufzügen. Die Kosten seien niedrig und kalkulierbar, weil E-Message eine feste Monatspauschale erhebe. Und die Kurznachrichten seien verglichen mit SMS-Meldungen sehr schnell und kämen garantiert an.

Zu den E-Message-Kunden gehört der Winterdienst der Hansestadt Hamburg ebenso wie das Atomkraftwerk Biblis. Und auch die Grubenwehr des Bergbauunternehmens Kali und Salz vertraut auf die Alarmierung mit dem Pager. „Wenn Fahrzeuge oder Bandanlagen unter Tage brennen, zählt jede Minute“, sagt Hauptgerätewart Gerhard Günther. „Per Pager können wir 50 Mitarbeiter gleichzeitig benachrichtigen, so dass sie im Havariefall schnell zur Stelle sind.“

Selbst in sensiblen Bereichen des AK Biblis dürfen die Geräte im Unterschied zu Handys angeschaltet bleiben. „Die Strahlung eines Pagers ist so niedrig, dass man sie nicht messen kann“, sagt E-Message-Sprecherin Griebner.

Im laufenden Geschäftsjahr will E-Message seine Aktivitäten bei Finanz-Nachrichten und einer besseren Auslastung der Funknetze weiter vertiefen. Dazu haben die Berliner gerade der Reuters-Tochter Sila Communications das Deutschland-Geschäft abgekauft. Profiteur des Ganzen ist der Pager: Die Nachrichten-Produkte der neuen Firma E- Stoxxs werden auch auf die kleinen Funkruf-Empfänger übertragen.


Dörte Tewes, dpa
22.02.2002 13:42:46   © WirtschaftsWoche heute 2002