"Bayernpakt" zerbricht

http://www.weser-kurier.de/politik/fs_wk_politik.html?id=53109

13.8.2002

In Bayern herrscht Funkstille
Städtetag will nicht mit Handy-Firmen „paktieren“
Von unserem Korrespondenten Ralf Müller

München/Berlin. Das Scheitern des „Umweltpakts Mobilfunk“ belastet das Klima zwischen den Mobilfunkbetreibern und den Städten in Bayern. Die Weigerung des Bayerischen Städtetags, den „Mobilfunkpakt“ zu unterzeichnen, sei „ein Politikum im Vorfeld der Bundestagswahl“, sagte der Sprecher von Vodafone Süddeutschland, Ingo-Michael Feth. Mit der Sache habe dies „nichts zu tun“.
Der Bayerische Städtetag hatte dem Mobilfunkpakt, der am 24. Juli unterzeichnet werden sollte, im Gegensatz zum Bayerischen Gemeindetag und dem Bayerischen Landkreistag nicht zugestimmt. Im jüngsten „Informationsbrief“ des Städtetags heißt es zur Begründung unter anderem, die Städte fürchteten um ihre Glaubwürdigkeit bei der Bevölkerung, weil sie mit den Mobilfunkunternehmen „paktieren“ sollen, obwohl sie mögliche gesundheitsschädliche Auswirkungen von Mobilfunk nicht beurteilen könnten und dürften.
Dabei werden die Erfahrungen mit den probeweise in den Städten Augsburg, Ingolstadt, Landshut, Passau und Regensburgeingerichteten „runden Tischen“ zwischen Kommunalpolitikern und Mobilfunkbetreibern durchweg als positiv beurteilt.In diesen Städten legen die Mobilfunk-Unternehmen den Kommunen ihre Netzkonzepte mit den einzelnen Antennenstandorten vor.
Bei strittigen Standorten sollte unter Moderation des Freistaats Einvernehmen nach einem festgelegten Verfahren hergestellt werden. Man habe damit „sehr positive Erfahrungen“ gemacht, sagte Vodafone-Sprecher Feth.
Auch Bayerns Städtetag spricht von „größtenteils positiven Erfahrungen mit den runden Tischen“ des Pilotprojekts. Gleichwohl lehnten es Städte und Gemeinden aber ab, für die Mobilfunkbetreiber „die Kastanien aus dem Feuer zu holen“, heißt es in dem Rundbrief.
Fünf Tage vor der geplanten Unterzeichnung des Mobilfunkpakts waren in Gesprächen mit den kommunalen Spitzenvertretern und den sechs in Bayern aktiven Mobilfunkbetreibern noch letzte Feinheiten am „Pakt“ geklärt worden. Dabei habe es sich um Gespräche „auf Verwaltungsebene“ gehandelt, erklärt Städtetag-Sprecher Werner Natter.
Wenige Tage später hatte der Vorstand des Städtetags dann plötzlich die Vereinbarung gekippt. Die Absage an den Mobilfunkpakt sei „einstimmig“ gewesen, betonte Netter und widersprach anderslautenden Darstellungen, wonach vor allem die drei größten SPD-regierten Städte München, Nürnberg und Augsburg unter Führung von Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) Stimmung gegen die Pakt-Unterzeichnung gemacht hätten.
In Bayern gehen damit die Uhren wieder einmal anders als auf Bundesebene. In Berlin stimmte der Deutsche Städtetag der gemeinsamen Einschätzung der kommunalen Spitzenverbände zu, wonach die vor einem Jahr unterzeichnete Mobilfunk-Vereinbarung ein „Erfolg“ sei. Die freiwillige Zusammenarbeit sei „eine bessere Alternative zu einer ansonsten notwendigen gesetzlichen Regelung“, hieß es in einer Erklärung, die auch der Deutsche Städtetag unterstützt hatte.
Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) setzt darauf, dass sich die bayerischen Städte nach einer „Denkpause“bald doch noch überzeugen lassen. Auch bei Vodafone hofft man noch auf einen Sinneswandel „nachdem sich der Pulverdampf der Bundestagswahl verzogen hat“. Die Mobilfunkbetreiber seien an einer Übereinkunft nach wie vor sehr interessiert, versichert Vodafone-Sprecher Feth. Es werde nämlich immer schwieriger, überhaupt noch Standorte für Sendeantennen zu finden.

www.buergerwelle.de