Stadt München reduziert Grenzwerte

BW: Immer mehr Bürger zwingen die Politiker, den lebensgefährlichen Mobilfunkwahnsinn zu stoppen.

Das Beispiel München zeigt die zaghaften ersten Ansätze in der Politik dieser Stadt: nach bereits offiziell gemeldeten „669 Anlagen“ in der Stadt sollen jetzt Grenzwerte (zwar noch in lächerlichen und wirkungslosen Dimensionen – aber immerhin erste Ansätze industrieunabhängigeren Denkens...) reduziert werden.

669 gemeldete Anlagen plus ca. 150 – 200 nicht gemeldete Anlagen (unter 10 W EIRP, z.B. in Litfasssäulen, Ampeln etc.) mit durchschnittlich mind. 4 Sendern pro Standort ergibt schätzungsweise alleine in der Stadt München mind. 3000 (dreitausend) Mobilfunksender!

SZ 12.09.2001
Stadt gefährdet neue Handy-Netze

Beim UMTS-Standard drohen Einschränkungen, weil die Verwaltung enge Strahlengrenzwerte festlegen will

Von Philip Wolff

Ausgerechnet in der deutschen Handy-Hauptstadt München steht nach Befürchtungen von Netzbetreibern der Erfolg des künftigen UMTS-Standards auf dem Spiel. Für die neue Sprach-, Text- und Bildübertragung benötigen die Anbieter mehr Sendemasten als bisher. München aber will für städtische Gebäude besonders enge Strahlengrenzwerte festlegen, was eine noch höhere Dichte im Wald der Mobilfunk-Anlagen erfordert. Mögliche Standorte hat die Stadt indes reduziert.

Der Technische Leiter der Münchner T-Mobil-Niederlassung, Robert Wagner, bezeichnet die Pläne der Verwaltung als „falsches Signal". „Gerade München, das wirtschaftlich für den Mobilfunk-Markt prädestiniert ist und die größten Handy-Umsätze bringt, sollte der Entwicklung dieses Marktes nicht schaden", sagt er. Hintergrund seiner Befürchtung ist die Übereinkunft des Kommunalreferates mit der städtischen Gesundheits- und Umweltbehörde, den so genannten „Schweizer Standard" für die Leistung der Sendemasten und die Stärke ihrer elektrischen Felder einzufordern. Dieser Standard unterschreitet die bundesdeutschen Grenzwerte der Feldstärke um das Zehnfache, bei der Leistung sogar um das Hundertfache.

„Solche niedrigen Grenzwerte bedeuten natürlich für den Netzwerkbetreiber, dass er mehr Sendemasten aufstellen muss", räumt Peter Lippert ein, der beim Gesundheitsreferat für das Immissionsschutzrecht zuständig ist. Die Installation zusätzlicher Anlagen aber erschwert die Stadt: Städtische Nachbargebäude von „sensibel genutzten" Häusern wie etwa Schulen und Kindergärten sind seit 1999 als Standorte ausgeschlossen. Zuvor waren es nur die sensibel genutzten Gebäude selbst.

„Wir sind uns mit dem Kommunalreferat handelseinig geworden darüber, die künftigen Mietverträge für alle städtischen Gebäude entsprechend zu modifizieren", sagt Lippert. Die Zustimmung des Stadtrates erwartet er noch in diesem Jahr. Aus politischer Sicht ist die Verschärfung notwendig, weil immer mehr Bürger die möglichen Gesundheitsrisiken beanstanden, mit denen Mobilfunkmasten in Verbindung gebracht werden. „Dabei gibt es keine abschließenden wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber, ob von den Anlagen gesundheitliche Gefahren ausgehen", sagt Roland Kuntze, Sprecher des Münchner Mobilfunk-Anbieters Viag Interkom. Die Firma werde jedenfalls künftig keine Mietverträge für Sendeanlagen mit der Stadt mehr eingehen, erklärt Kuntze. „Die stark abweichenden Bedingungen von der normalen Rechtslage können wir nicht akzeptieren. Es ist völlig kontraproduktiv, was die Stadt da macht."

Nach den Prognosen des Firmensprechers könnte die neue Technik infolge der Sonderregelung in München sogar stellenweise auf der Strecke bleiben: „Es ist nicht auszuschließen, dass der Service in einigen Teilen der Stadt nur eingeschränkt anzubieten sein wird", befürchtet Kuntze. Von der Nachfrage, die dadurch gemindert würde, soll der Ausbau des künftigen Angebotes weitgehend abhängen, bestätigt auch Wagner von T-Mobil. „Wenn es in München schwierig wird, und das ist zu erwarten, bauen wir UMTS halt schwerpunktmäßig woanders auf, in Frankfurt oder im Ruhrgebiet", sagt der E-Plus-Netzbetriebsleiter Süd, Sebastian Everding. „Schließlich sind wir bei der Lizenzvergabe dazu verpflichtet worden, bis 2003 25 Prozent der Bevölkerung zu erreichen."

Ursache des Problems ist Kuntze und Everding zufolge die große Zahl der zusätzlich erforderlichen Sendeanlagen: Mit 230 neuen Mobilfunkmasten in München, wie sie unter gewöhnlichen Umständen notwendig wären, sei es nicht mehr getan. „Etwa hundert Anlagen muss man draufrechnen, weil sich nach den Schweizer Grenzwerten die Anbieter einen Mast nicht mehr teilen können", sagt Kuntze. Wie aber sollen Viag und E-Plus, Mannesmann Mobilfunk und T-Mobil, Mobilcom und Group 3G den besorgten Bürgern den Bau von 300 neuen Anlagen erklären? „Das ist die Schwierigkeit" sagt Kuntze. 669 Anlagen hat die Stadt bislang erfasst. „Jeder neue Standort wird schwer zu vermitteln und zu bauen sein."

Die Stadt geht indes von anderen Zahlen aus: „Nur 20 Mobilfunkanlagen sind derzeit auf städtischen Gebäuden installiert", sagt Lippert. „Die anderen Vermieter, Land, Bund und Private, müssen sich an die Schweizer Grenzwerte nicht halten." Die Netzbetreiber könnten sich demzufolge einfach andere Vermieter suchen - für Kuntze ein „Widerspruch und Verstoß gegen unsere Vereinbarung mit den kommunalen Spitzenverbänden". Danach sollen die Netzbetreiber „neue Standorte einvernehmlich mit den Kommunen realisieren" und die Städte „beim Bau neuer Sendeanlagen einbinden"
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