wirtschaftlicher Wahnsinn am Beispiel MOBILCOM

BW: Wir hatten schon vor Jahren gewarnt... (s. weiter unten z.B. 1/2001)

Süddeutsche Zeitung Wirtschaft

Das Mobilcom-Ende blamiert die Führungselite der Wirtschaft

 

Jetzt hat es ihn erwischt. Gerhard Schmid, der Gründer und Chef der privaten Telefongesellschaft Mobilcom, ist am Ende. Sein Unternehmen steht vor der Pleite, auch wenn der 50-Jährige noch mit ein paar Tricks um Firma und Macht kämpft. Doch anders als viele Aufsteiger, die schon vor ihm auf die Nase fielen, weil sie die Gesetze ihrer Branche falsch eingeschätzt hatten, kann Schmid einen zweifelhaften Erfolg verbuchen: Er galt lange als einer, der die Gesetze einer Branche umschreiben würde. Erfahrene Platzhirsche wie die Deutsche Telekom oder France Télécom haben ihm mehr vertraut als ihrer eigenen langjährigen Erfahrung. Heute bedauern sie schwer, dass sie diesem Dynamiker auf den Leim gingen.

 

Kein Mensch steht so beispielhaft für Aufstieg und Fall, Mut und Hochmut der New Economy wie dieser viel gefeierte Unternehmer aus Flensburg. Keiner macht so klar wie Schmid, dass die Marktwirtschaft eine entscheidende Schwäche hat – ihre Vorliebe für Blender und Scharlatane. Vor knapp zehn Jahren gründete Schmidt, der zuvor beim pfiffigen Münchner Autovermieter Erich Sixt gelernt hatte, wie man mit flotten Sprüchen große Räder dreht, sein Telekom-Unternehmen, das schnell florierte. Er bot seine Leitungen billiger an als der Monopolist und stahl dem etablierten Anbieter die Schau und einen kleinen Teil des Geschäfts. Die Kunden und die Medien liebten den David des Telefongeschäfts.

 

Dessen Untergang begann, als die Bundesregierung im Sommer 2000 die Lizenzen für die nächste Mobilfunk-Generation UMTS versteigerte. Die großen Branchenvertreter gingen vorsichtig in die Auktion. Bis einer auftrumpfte, dass den anderen Hören und Sehen verging – Schmid, der sich noch schnell die französische Télécom zum Teilhaber und Verbündeten gemacht hatte. Acht Milliarden Euro bot der norddeutsche Winzling für zwei Lizenzen. Die Telekom sprach von „wirtschaftlichem Wahnsinn“ – und stieg nicht etwa aus, sondern bot kräftig mit. Die France Télécom, die eigentlich nur der Deutschen Telekom eins auswischen wollte, war freudig dabei. Beide verschuldeten sich bis zur Verantwortungslosigkeit. Nur der Bundesfinanzminister lachte. Er bekam völlig überraschend 100 Milliarden Euro in seine leere Kasse.

 

Jetzt leidet die Branche so unter ihrer Schuldenlast, dass sie die Investitionen kaum noch bezahlen kann, für die sie die teuren UMTS-Lizenzen erworben hatte. Diese Technik wird so teuer, dass sie viel später kommt als geplant – wenn überhaupt. Der Treiber Schmid, der die Branche aufmischen wollte, warf die Industrie um Jahre zurück. Doch ihm ist kein Vorwurf zu machen.

 

Er tat, was viele Selfmade-Unternehmer gemacht haben. Er flog hoch und stürzte ab. Dennoch ist er kein Ikarus. Der wurde gewarnt, der Sonne zu nahe zu kommen. Der Flensburger aber brachte die Warner sogar zum Schweigen. Er ist auch kein Rattenfänger von Hameln, dem die Arglosen ins Verderben nachliefen. Schmid waren sogar diejenigen gefolgt, die genau wussten, dass vorne ein merkwürdiger Bursche die Flöte spielt. Die Erkenntnis, dass hinterher alle Beteiligten schlauer sind, hilft nicht weiter. Sie darf nicht als Generalentschuldigung gelten für Fehlentscheidungen.

 

Der buchstäbliche Fall von Gerhard Schmid zeigt, dass in der Marktwirtschaft die simpelsten Kontrollmechanismen wertlos sind, wenn die Führungskräfte das Bewusstsein für das ökonomisch Vernünftige verlieren. Niemand in einem Unternehmensvorstand darf den Kompass aus der Hand geben, um sich auf die Richtungsvorgaben von Wettbewerbern zu verlassen. Manager werden auch dafür bezahlt, dass sie sich von nichts und niemandem blenden lassen. Karl-Heinz Büschemann

 

Mobilcom stoppt bis auf weiteres GPRS und UMTS

News aus CE-INFO vom 16.07.02

 

Wie die Financial Times Deutschland berichtete, hat der neue Chef von Mobilcom, Thomas Grenz, die Investitionen in den Aufbau eigener Mobilfunknetze gestoppt. Damit stehe der eigentlich schon für Februar 2002 geplante Start des Mobilfunkstandards wiederum in Frage und der Aufbau des UMTS-Netzes sei gänzlich eingestellt.

 

Aufgrund eines Streites zwischen Mobilcom und France Telecom hat letzterer Investitionen von rund 11 Mrd. Euro gestrichen. Mit diesen 11 Mrd. Euro wollte Mobilcom den Aufbau des UMTS-Netzes finanzieren. Laut des Blattes, plane France Telecom nun Mobilcom zu übernehmen.

 

Nachricht von Gabriela u. Hugo / 020719R BI-Omega Star.Mail@t-online.de

 

 

BW: nur ein Beispiel, welcher wirtschaftliche Wahnsinn auf die lebensbedrohliche Mobilfunktechnik aufgesetzt wurde; auch zugleich eine Erklärung, warum diese Technik nicht gefährlich sein darf??



MOBILCOM nach wie vor riskant
Außerordentlich hohe Bewertung für eine Aktie, die in den nächsten Jahren keinen Gewinn ausweist

Nachdem ich bereits in der Vergangenheit mehrfach darauf hingewiesen habe, möchte ich heute meine Warnung zur MOBILCOM-Aktie erneuern. Die Aktie konnte in der vergangenen Woche erneut stark zulegen und schloß nach einem Zwischenhoch bei 41,95 Euro bei 38,60 Euro, was bei einer aktuellen Aktienzahl von 65.194.800 Aktien einer Marktkapitalisierung von 5,35 Mrd. DM zum Tageshoch und 4,92 Mrd. DM zum Schlußkurs vom Freitag entspricht. Was hier passiert ist purer Wahnsinn!

Betrachten wir die Fakten: Im operativen Geschäft ohne Zinsen und Steuern arbeitet MOBILCOM nach den zuletzt genannten Zahlen leicht negativ. Dies bedeutet, daß selbst ohne Zinskosten kein positiver Ergebnisbeitrag erwirtschaftet werden kann. Inklusive Zinsen lag das 9-Monatsergebnis bei -265,4 Millionen Mark. Ohne die ohnehin vorhandenen Verbindlichkeiten in hoher 9-stelliger Höhe kommen jetzt noch ca. 9,1 Mrd. DM aus den Krediten zur Finanzierung der UMTS-Lizenzen dazu, weiterhin sind noch ca. 3,1 Mrd. DM aus dem vorgesehenen Lieferantenkredit von ERICSSON zum Aufbau der UMTS-Struktur zu berücksichtigen. Angenommen diese Verbindlichkeiten (die sicherlich über verschiedene Fristigkeiten und Zinshöhen verfügen) werden mit durchschnittlich 7,5% verzinst, dann kommen hier nochmal ca. 915 Mio. DM pro Jahr alleine aus Zinskosten dazu. So wie es aussieht, wird MOBILCOM für das Gesamtjahr einen Fehlbetrag von über 450 Mio. DM ausweisen müssen (große Anteile aus den ERICSSON-Krediten dürften aktuell noch nicht angefallen sein). Ein positives Ergebnis wird erst ab 2007 erwartet.

Mit der jährlichen Zinszahlung dieser astronomischen 915 Mio. DM ist noch kein einziger Pfennig der Darlehen zurückgezahlt. Diese Belastung kommt noch hinzu. Nehmen wir also an, daß MOBILCOM am Ende des Jahres 2001 über Darlehen von insgesamt ca. 13,5 Mrd. DM bis 14 Mrd. DM verfügt und zählen wir hier noch die aktuelle Marktkapitalisierung von 4,92 Mrd. DM dazu errechnet sich ein Wert von fast 19 (!) Mrd. DM, welcher durch die zukünftige Ertragslage erwirtschaftet werden muß. Dies gilt für ein für ein Unternehmen, welches in den kommenden 6 Jahren nach eigenen Angaben kein positives Ergebnis ausweisen wird. Wie im Fall INTERSHOP scheint es so zu sein, daß viele Anleger die Fakten, die sich im Grund leicht (vielleicht nicht auf Mark und Pfennig aber doch in der Tendenz) errechnen lassen, erst glauben, wenn sie das Ergebnis schwarz auf weiß vor sich liegen haben.

Der nächste wichtige Termin für MOBILCOM-Interessenten ist der 13. Februar, an dem die Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr veröffentlicht werden sollen. MOBILCOM wird hier versuchen auf das EBIT hinzuweisen bzw. die Zahlen für das Gesamtjahr in den Vordergrund zu stellen. Viel interessanter sind allerdings die Zahlen des 4. Quartals, da hier erstmals die Zinskosten für die UMTS-Lizenzen für volle 3 Monate anfielen. Die Analysten werden es sich hoffentlich nicht nehmen lassen, hier einmal eine etwas detailliertere Betrachtung anzustellen.

Verwunderlich ist, daß eine renommierte Investmentbank erst am vergangenen Mittwoch für MOBILCOM trotz der prognostizierten Gewinnreihe für die Aktie für die Jahre 2000/2001/2002 von EURO -2,12/-10,60/-20,30 auf einen fairen Wert von 100 EURO für die MOBILCOM-Aktie kommt und die Aktie weiterhin zum Kauf empfiehlt. Über eine solche Darstellung kann ein rationaler Betrachter eigentlich nur den Kopf schütteln. Ich rate allen MOBILCOM-Interessierten dazu, die Veröffentlichungen der Gesellschaft zeitnah zu beobachten, da nach meiner persönlichen Einschätzung momentan erhebliche Kursrisiken in der Aktie bestehen.

MOBILCOM (WPK 662240): letzter Kurs 38,60 Euro; alle deutschen Börsenplätze
21.01.2001 - PeerShare  www.share-infos.de
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