Mobilfunk "halsbrecherisch"!

High Noon in den USA

Manager-Magazin Wirtschaft 12.6.2002

Von Kai Lange

 

Voicestream: Zum Erfolg verdammt

 

Dabei ist Voicestream der große Hoffnungsträger der Deutschen Telekom und zum Erfolg verdammt. 31 Milliarden Dollar hatte Telekom-Chef Ron Sommer für Voicestream auf den Tisch gelegt. Ein Verkauf von Voicestream komme für ihn nicht in Frage, hatte der Telekom-Chef vor zwei Wochen auf der Hauptversammlung in Köln betont.

 

Zwar dürften sowohl AT&T als auch Verizon starkes Interesse an dem Billiganbieter Voicestream haben, der im ersten Quartal dieses Jahres seine Kundenzahl um knapp zehn Prozent gesteigert hat. Doch bei einem Verkauf von Voicestream dürfte die Deutsche Telekom nur noch einen Bruchteil des damals gezahlten Kaufpreises erzielen. Wenn das teure Mobilfunk-Abenteuer irgendwann ein Erfolg werden soll, muss Voicestream weiter wachsen und in der Hand der Deutschen Telekom bleiben.

 

67 Milliarden Euro Schulden engen den Spielraum ein

 

Weitere Zukäufe von US-Unternehmen kommen bei dem Schuldenstand der Deutschen Telekom in Höhe von 67 Milliarden Euro kaum in Frage. Auch die arg gebeutelte T-Aktie lässt sich derzeit kaum als Akquisitionswährung einsetzen. Daher erscheinen strategische Allianzen als Königsweg. Wenn Voicestream auf sich allein gestellt bleibt, hat das Unternehmen auf dem hart umkämpften US-Markt kaum eine Chance. Um neue Nutzer zu gewinnen, investieren US-Mobilfunker rund 350 Dollar pro Kunde – mehr als dreimal so viel wie in Europa.

 

Voicestream-Marktanteil immer noch sehr klein

 

Weiterhin bemühen sich jetzt auch die Marktführer Verizon und AT&T mit günstigeren Tarifen verstärkt um Privatkunden – und eben dieser Klientel verdankt Voicestream bislang sein Wachstum. Erst bei einem Marktanteil von rund 20 Prozent verdiene ein Mobilfunkanbieter richtig Geld, meint DWS-Fondsmanager Klaus Martini im Interview mit manager-magazin.de. Davon ist Voicestream trotz der ehrgeizigen Wachstumspläne mit einem Marktanteil von deutlich unter zehn Prozent noch weit entfernt. Ron Sommer sei dringend gefordert, nach Partnern für seine teure Mobilfunktochter zu suchen.

Von: Star.Mail@t-online.de


 

 

Sturm in der TK-Branche hält an

18.06.2002, Didier Delepine, President und Chief Executive Officer von Equant, sieht derzeit kein Ende der Krise in der TK-Branche. Dies äußerte der Firmenchef in seiner Eröffnungsrede gegenüber europäischen Kunden anlässlich der fünften Connect... Viele Mitbewerber würden massiven Problemen gegenüber stehen, die zum Teil bis zum Bankrott führten.

 

Teletalk direct news 18.6.02

17.11.2001 Stuttgarter Zeitung aktualisiert: 19.11.2001, 05:33 Uhr  © 2001 Stuttgarter Zeitung online, Stuttgart Internet Regional GmbH

 

Die Risikobereitschaft ist manchmal halsbrecherisch
 
Anbieter von Telekomnetzen durchleben schwere Zeiten

Der Markt für Telekommunikationsnetze steckt in der Krise. Rund um den Globus haben die Telekomausrüster in den vergangenen Monaten Gewinnwarnungen herausgegeben und Arbeitsplätze gestrichen. Erst im zweiten Halbjahr 2002 soll es wieder aufwärts gehen.

Von Inge Nowak

Durchweg alle Anbieter von Telekommunikationsnetzen setzen den Rotstift an. Ericsson, Cisco, Lucent, Alcatel oder Marconi - die Zahl der Stellen, die weltweit abgebaut werden, liegt hoch im sechsstelligen Bereich. Gestern hat auch Alcatel SEL seine Planung vorgelegt: Zwischen 800 und 850 Mitarbeiter - vor allem in der Landeshauptstadt Stuttgart - sollen von der Lohn- und Gehaltsliste gestrichen werden. Die Tochter des französischen Alcatel-Konzerns ist aber die Ausnahme: Im Unterschied zu den Konkurrenten erwarten die Stuttgarter ein erfolgreiches Jahr.

Die massiven Sparmaßnahmen der Unternehmen machen eines nur zu deutlich: Die Anbieter von Telekommunikationsnetzen, noch vor wenigen Monaten eine gefeierte Zukunftsbranche, stecken in der Krise. Dem Boom folgt die Katerstimmung. Noch im vergangenen Jahr schnellte das Marktvolumen in Deutschland in der Netzinfrastruktur um 16,4 Prozent auf 13,2 Milliarden Mark in die Höhe. Im laufenden Jahr werden die Geschäfte gerade noch stagnieren; das Plus dürfte bei bescheidenen 0,3 Prozent liegen, hat der Branchenverband Bitkom errechnet. Doch hinter dieser Zahle verbergen sich sehr unterschiedliche Entwicklungen.

Besonders gebeutelt sind die erfolgsverwöhnten Anbieter der Mobilfunknetze. Für sie kommt es knüppeldick. Um stattliche 50 Prozent wuchs der Markt im Jahr 1999, immerhin noch bei 34 Prozent lag die Zuwachsrate im vergangenen Jahr. Und jetzt: minus zehn Prozent prognostizieren die Experten von Bitkom. Dabei sollte man doch gerade in diesem Geschäft mit rosigen Aussichten rechnen. UMTS, der Mobilfunk der Zukunft. Vor einem Jahr wurde diese Technologie euphorisch gefeiert, heute hat dieses Zauberwort seine Kraft verloren.

Und die Schatten der milliardenschweren Versteigerung im August vergangenen Jahres werden noch einige Zeit nachwirken. Geklagt wird über den Preis der Auktion. Finanzminister Hans Eichel war im Glück; insgesamt 100 Milliarden Mark konnte er in seinen Haushalt einstellen. Die Lizenznehmer sitzen auf Schuldenbergen, die Zinszahlungen drücken. Diese Gelder fehlen nun für dringend notwendige Investitionen in neue Netze. Und zu allem Überfluss halten auch noch potenzielle Geldgeber die Taschen zu. Über die Börse ist derzeit nichts zu machen. Und zu allem Überfluss haben auch noch die Rating-Agenturen die Telekommunikationsfirmen abgewertet - und damit haben sich ihre Kredite automatisch verteuert.

Aber wenn es nur das Geld wäre. Denn auch die Technik lässt zu wünschen übrig. Sie funktioniert offensichtlich nicht richtig; vor allem die Software bereitet Probleme. Ärger gibt es auch mit den Antennenstandorten. Eine heftige Diskussion über Gesundheitsgefährdungen ist in Deutschland entbrannt. Zwischen 500 und 600 Bürgerinitiativen soll es geben, die Mobilfunkantennen in den Gemeinden verhindern wollen. Der Streit wird auch vor Gerichten ausgetragen.

Aber all dies wäre möglicherweise zu meistern, wenn denn wenigstens die Nachfrage da wäre. Aber das Kundeninteresse ist beileibe nicht so wie erwartet. Im (Zwischen-)Zeitalter von GPRS und HSCSD hat der Handy-Besitzer schon jetzt sehr viele Möglichkeiten. Oder besser gesagt hätte viele Möglichkeiten, wenn er sie denn nutzen würde. Doch die Akzeptanz etwa der Übergangstechnik GPRS, mit der man schon mal bestimmte Internet-Inhalte aufrufen kann, ist geradezu erschreckend gering. Doch dies ändert nichts: die Bedingungen für die Lizenzvergabe sind strikt: bis 2003 muss jeder Lizenznehmer eine Netzabdeckung von 25 Prozent haben. Ob tatsächlich alle sechs Netze aufgebaut werden, ist allerdings fraglich. Schon jetzt wollen die Lizenznehmer in bestimmten Bereichen zusammenarbeiten; nicht ausgeschlossen ist, dass diese Kooperationen noch ausgebaut werden. Und damit gehen den Ausrüstern natürlich lukrative Aufträge durch die Lappen.

Auch der dramatische Preisverfall bei Ferngesprächen schlägt auf die Telekomausrüster durch. Die Margen gehen gegen null, es hat Pleiten und Übernahmen gegeben. Dies dürfte sich fortsetzen. Nicht nur, dass Alcatel und Co dadurch lukrative Aufträge wegbrechen. Sondern deren technische Ausstattung geht teilweise zu günstigsten Preisen über den Tisch, sagt Stephan Scholz, Leiter des Geschäftsbereichs Internet-Konvergenzprodukte bei Siemens. Und da durch die Probleme der Kleinen der Wettbewerbsdruck auf die Großen sinkt, verspüren diese nicht den Druck zu Investitionen.

Geradezu tot ist das Geschäft mir Wireless Local Loop (WLL),
eine Funktechnik, die als Alternative zum traditionellen Teilnehmeranschluss gehandelt wurde, urteilt Wilfried Hanselmann, Marketing-Direktor bei Marconi Deutschland. Diese Technik sollte Wettbewerb ins Ortsnetz bringen; bisher hat sich aber nur wenig Positives getan. Einige Lizenznehmer sind pleite. Und der Branchenriese Arcor hat vor wenigen Tagen den Rückzug aus diesem Geschäft angekündigt. Grund für die Niederlage sollen die vergleichsweise hohen Kosten für diese Technologie sein - zumindest im Vergleich mit dem traditionellen Teilnehmeranschluss. Nach dem Motto "Totgesagte leben länger" scheint es allerdings eine Wiedergeburt zu geben. Wireless Local Loop könnte bei UMTS zum Einsatz kommen - als Anbindung der Sende- und Empfangsstationen zum verlegten Netz, prognostiziert Hanselmann. Doch bisher ist die Zahl der begehrten Aufträge wohl noch gering; aber das Geschäft habe Potenzial.

Und dann drückt das Geld auch noch an einer anderen Stelle. Nicht nur die Netzbetreiber sind klamm, auch viele Telekomausrüster. Denn die Telekomausrüster liefern nicht nur die Technik, sie müssen vielfach auch für die Finanzierung sorgen. Und das kann richtig weh tun. Es gibt Gerüchte, dass die Finanzierungszusagen teilweise das Zweieinhalbfache des eigentlichen Auftrages erreichen. Wenn der Auftrag dann auch ausgeführt würde, mag man dies - wenn auch schwer - vielleicht noch verstehen. Doch in der Branche - oder im Kampf um den Kunden - hat sich offensichtlich eine geradezu halsbrecherische Risikobereitschaft eingebürgert. Häufig seien diese Finanzierungen nicht mal abgesichert. Und wenn dann Netzbetreiber - und dies soll tatsächlich passiert sein - milliardenschwere Projekte zurückstellen oder gleich ganz einstellen, kann dies richtig teuer werden.

Aber pechschwarz malen sollte man bei den Telekomausrüstern nicht. Es gibt auch Bereiche, die den Unternehmen Freude bereiten. Die schnelle Internetübertragung DSL gehört dazu; doch auch hier scheinen die Bäume nicht mehr in den Himmel zu wachsen. Zunächst mutete die Deutsche Telekom, die mit Dumping-Preisen diesen Markt bearbeitet und sich ein Quasimonopol geschaffen hatte, den Interessenten lange Wartezeiten zu. Jetzt, da sie liefern könnte, scheint es an der Nachfrage zu hapern. Und dann gibt es das Fernseh-Kabelnetz. Noch fristet es ein Schattendasein in Deutschland; doch es soll mit Milliardenbeträgen ausgebaut werden. Dann kann man nicht nur fernsehen, sondern auch telefonieren und im Internet surfen.

Derzeit liegt das Geschäft mit Telekominfrastruktur darnieder. Doch gegen Jahresende dürfte die Talsohle erreicht sein, so die Hoffnung. Es gebe aber erste Zeichen, dass es im zweiten Halbjahr nächsten Jahres wieder aufwärts geht, sagt Scholz . Auch der Branchenverband sagt für 2002 eine bescheidene Zuwachsrate von 4,6 Prozent voraus. Andreas Bernhardt, Chef von Alcatel SEL, ist da skeptischer. Die Verlässlichkeit von Prognosen geht deutlich zurück, sagt er. Eine eigene Prognose wagt er denn auch nicht.
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