Milliardenloch druch Grenzwerte?




bw19-08-0100041.jpgMilliardenloch durch Grenzwerte

Neue Milliardenbelastungen für Netzbetreiber durch die geplanten EMV-Grenzwerte für UMTS-Standorte

Gerade hat die RegTP den UMTS-Netzbetreibern durch die Teilnutzungserlaubnis ein Milliardenloch zugeschüttet, da wird ein anderes geöffnet. Die Mobilfunkhysterie hat Politiker ermuntert, nach schärferen Grenzwerten zu schreien. Jetzt drohen den Netzbetreibern Milliarden Unkosten - und das Aus für M-Commerce.

Etwa 1,5 Milliarden Mark extra würde jeder Netzbetreiber in den Ausbau bestehender GSM-Netze und die Installation neuer UMTS-Infrastrukturen stecken müssen - zusätzlich zu den ohnehin schon drückenden UMTS-Lizenzkosten, schätzt Arne Bornsen (SPD), Direktor für Telekommunikation beim Beratungsunternehmen A T Kearny und Ex-Vizepräsident der RegTP.

Auf jedes Unternehmen käme für die Installation der UMTS-Netze Kosten von etwa l Milliarden Mark mehr zu, prognostiziert Wolfgang Krüger, Director Access Networks bei VIAG Interkom.

Absenkung der Grenzwerte nach Schweizer Modell hätte unabsehbare Konsequenzen für UMTS in Deutschland .

Grund für die Mehrbelastung strengere Grenzwerte für Mobilfunksendeanlagen Sie werden immer lauter von Politikern gefordert Für die Betreiber von UMTS-Netzen konnten sie sich zum finanziellen Fiasko auswachsen. Dabei entstehen die Mehrkosten von rund 15 Prozent durch die Aufstockung der geplanten Sendeanlagen Die GSM-Betreiber mussten das Geld für die Neuinstallation von Basisstationen und die Umrüstung des bestehenden GSM-Netzes investieren, sollten die Grenzwerte zum Beispiel nach dem Schweizer Modell um das Zehnfache gesenkt werden

Zwar gewährleisten auch nach Auffassung von Umweltminister Jürgen Trittin (Bündnis 90/Grüne) die geltenden Grenzwerte, die dem internationalen Standard entsprechen, nach heutiger Kenntnis den Schutz der Bevölkerung vor nachgewiesenen Gesundheitsgefahren.

Zusätzliche Vorsorgewerte

Dennoch prüfe man innerhalb der Bundesregierung derzeit, ob zusätzliche Vorsorgewerte nach dem Modell der Schweiz ergänzend zu den geltenden Grenzwerten in die 26 Bundes-Immissionsschutzverordnung aufgenommen werden sollen Die Überlegungen dazu sind noch nicht abgeschlossen, Entscheidungen noch nicht gefallen.

In der Schweiz, wo seit mehr als einem Jahr verschärfte Grenzwerte gelten, hatte die Absenkung der Werte bereits Konsequenzen So erhöhte der Anbieter Orange die Zahl seiner Standorte um etwa 30 Prozent. Die Burgerproteste indes sind durch die schärfere NIS-Verordnung (nicht ionisierende Strahlung) nicht verstummt - die Gruppierungen, die sich einst für die mittlerweile in Kraft getretene Verordnung stark gemacht hatten, fordern jetzt noch strengere Grenzwerte Die Verschärfung der Grenzwerte ziehe niedrigere Sendeleistungen der jeweiligen Anlage nach sich, so dass insgesamt mehr Antennen nötig sind, um die Netzversorgung zu gewährleisten. Das aber wurde auch die Kosteneinsparungen durch die von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) gerade mit Hangen und Würgen bewilligte gemeinsame Nutzung eines Standortes durch mehrere Betreiber m Frage stellen, da eine solche Sendeanlage den niedrigeren Grenzwert überschreiten wurde.

Teufelskreis im Mastenwald

Folge: Der bisher schon dichte Mastenwald verdichtete sich noch mehr. Noch mehr Mastenstandorte wurden benötigt. Das wiederum riefe zusätzlich verstärkt einen weiteren Widersacher der Mobilfunkstandorte auf den Plan die Gemeinden, gerade in dieser Frage ein Faktor mit einer fast parteiübergreifend starken Lobby in Berlin. So hat Trittin die Mobilfunk-Betreiber aufgefordert, die Kommunen in die Auswahl von Standorten für Mobilfunksendeanlagen einzubeziehen - was diese denn auch prompt Mitte Juli taten.

Trittin hatte kurz zuvor bei der gemeinsamen Anhörung des Umwelt-, Gesundheits- und Wirtschaftsausschusses des Bundestages zum Thema Mobilfunk Anfang Juli erklärt „Das Aufstellen von Mobilfunkmasten ohne Beteiligung der Kommunen muss ein Ende haben" Der erste wichtige Schritt für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung bei der Errichtung von Sendemasten, insbesondere zum Aufbau der neuen UMTS- Technologie, sei Offenheit und Transparenz. Trittin halt es für notwendig, die Forschung auf diesem Gebiet zu intensivieren. Sein Ministerium werde hierfür die Finanzmittel jährlich verdoppeln. Für 2002 bis 2005 wolle man mehr als 8,5 Millionen Euro zur Verfugung stellen und überdies die Vorsorge vor möglichen Gesundheitsgefährdungen verstärken. Zu einem solchen Vorsorgepaket gehörten die Verbesserung der Information vor Ort über die frühzeitige Planung der Betreiber zum Netzausbau.

Als ob es der Unkosten nicht schon genug wären, will Trittin obendrein zu den genehmigten Standorten von Mobilfunkanlagen auch noch eine Datenbank erstellen lassen. Die Bundesregierung will nun die Öffentlichkeit lautend über den aktuellen Stand der Wissenschaft über mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen informieren.

Rückendeckung von der CDU

Rückendeckung erhielt Trittin als vielleicht kleinen Vorgeschmack auf künftige Zeiten schwarz-grüner Koalition von dem kommunalpolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Götz. Zwar kritisierte er zunächst Trittins „Hintergrundpapier zur Vorsorge vor möglichen gesundheitlichen Gefährdungen von Mobilfunk" als Plagiat: „Das habe ich am 28. Juni 2001 gefordert". Jetzt folge der Umweltminister mit einer „verwässerten Version". Das Papier stamme in wesentlichen Teilen von ihm, Götz. Auch greife Trittins Variante zu kurz.

Alle Macht den Kommunen

Hintergrundpapier der Bundesregierung zur Vorsorge vor möglichen gesundheitlichen Gefährdungen von Mobilfunk

Nach Ansicht der Bundesregierung muss die Vorsorge vor möglichen gesundheitlichen Gefährdungen durch elektromagnetische Felder über die geltenden Regelungen der 26 Bundes-Immissionsschutzverordnung [26. BImSchV) hinaus verstärkt werden. Das Umweltministerium stellte Elemente eines solchen Vorsorgepakets zusammen Ihr Kern Mehr Macht den Kommunen bei Entscheidungen über Netzstandorte.

1. Verbesserung der Information vor Ort

a) Offenlegung der Netzplanung Die Behörden vor Ort müssen möglichst frühzeitig über die Planung der Betreiber zum Netzausbau informiert werden Hierzu ist eine umfassende Information erforderlich, in der die Betreiber alle möglichen Standortalternativen offen legen

b) Information über die geplanten konkreten Standorte vor Vertragsabschluss mit den jeweiligen Grundstuckeigentümern auch für alle kleinen Sendeanlagen, die bisher noch nicht von der 26 BImSchV erfasst werden. Die Kommunen müssen die Möglichkeit haben, Alternativstandorte vorzuschlagen

c) Rechtzeitige Unterrichtung der Kommunen vor Inbetriebnahme der Sendeanlagen

2. Erstellung einer Datenbank zu den genehmigten Standorten von Mobilfunkanlagen

Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post muss den Behörden vor Ort die Daten über alle genehmigten Sendeanlagen über eine Datenbank verfügbar machen

3. Kennzeichnung von Handys

Die Hersteller von Handys werden ab Herbst 2001 die höchstmögliche Strahlungsintensität ihrer Gerate (SAR-Wert) in der Gebrauchsanweisung ausweisen und im Internet zugänglich machen.

4. Intensivierung der Forschung

Trotz der erheblichen Forschungsaufwendungen in den letzten Jahren auf dem Gebiet der nichtionisierenden Strahlung wird das Bundesumweltministerium seine eigenen Forschungsaktivitäten im Bereich des Strahlenschutzes in den Jahren 2002 bis 2005 intensivieren Das BMU wird die Forschungsmittel jährlich verdoppeln. Bislang stehen Bundesumweltministerium und Bundesamt für Strahlenschutz jährlich rund 1.5 bis 2 Millionen Mark dafür zur Verfugung. Für das Jahr 2002 sieht der Umweltforschungsplan eine Aufstockung auf 2,17 Millionen Euro (rund A Millionen Mark) vor. Bis 2005 stehen mehr als 8,5 Millionen Euro zur Verfugung.

5. Information der Öffentlichkeit über den aktuellen Stand der Wissenschaft

Das Bundesumweltministerium wird die Öffentlichkeit laufend über den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion zu möglichen Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Mobilfunk unterrichten Grundlage dafür bilden die laufenden Bewertungen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse durch Strahlenschutzkommission, Weltgesundheitsorganisation und andere Gremien.

6. Diskussion über die Einführung von Vorsorgegrenzwerten

Die geltenden Grenzwerte, die dem internationalen Standard entsprechen, gewährleisten nach heutiger Kenntnis den Schutz der Bevölkerung vor nachgewiesenen Gesundheitsgefahren. Innerhalb der Bundesregierung wird zurzeit geprüft, ob zusätzliche Vorsorgewerte nach dem Modell der Schweiz ergänzend zu den Schutzgrenzwerten in die BImSchV aufgenommen werden sollen.

Sorgen der Menschen bürgernah

Aber im wesentlichen will auch er das Mitspracherecht der Kommunen bei der Entscheidung über Mobilfunkstandorte gestärkt wissen. Die Gemeinden brauchten bei der Auswahl der Mobilfunkstandorte allerdings mehr als Information und Mitspracherecht. Götz: „Die Gemeinden müssen das letzte Wort bei der Standortauswahl für Mobilfunk-Sendeanlagen haben". In den nächsten drei Jahren sollen in Deutschland 40.000 bis 90.000 Mobilfunk-Sendeanlagen gebaut werden. Götz: „Ich will, dass sich Gemeinden und Mobilfunk-Unternehmen freiwillig darauf verständigen, wo die neuen Antennen hinkommen". Nur in den Gemeinden konnten die Sorgen der Menschen bürgernah und demokratisch aufgenommen werden. In der Bevölkerung gebe es „große Besorgnis" über „mögliche" Gesundheitsrisiken durch die elektromagnetischen Felder von Handys und Mobilfunk-Sendeanlagen.

Netzbetreiber schwenken ein

Einer Vereinbarung über den Informationsaustausch und die Beteiligung der Kommunen beim Ausbau der Mobilfunk-Netze haben die kommunalen Spitzenverbände Deutscher Städte- und Gemeindebund, Deutscher Städtetag sowie Deutscher Landkreistag und die Mobilfunknetzbetreiber E-Plus, Group 3G, Mannesmann Mobilfunk, Mobilcom, T-Mobil und VIAG Intercom zugestimmt. Darin liegen die Grundlagen ihrer zukünftigen Zusammenarbeit beim Ausbau der Mobilfunkinfrastruktur, fr webtrade Ausgabe 8/9/2001
www.buergerwelle.de