Vorsicht in Wächtersbach

Giessener Anzeiger 8.10.01
Die Suche nach der vernünftigen Lösung

Der „Landesverbandes für Mobilfunksenderfreie Wohngebiete in Hessen“ informierte am Freitagabend in Wächtersbach

WÄCHTERSBACH (je). Eine „vernünftige Lösung“ zwischen den Interessen der Bürger und Mobilfunkbetreiber müsse gefunden werden, so Hans Groth, Vorsitzender des Landesverbandes Mobilfunksenderfreier Wohngebiete in Hessen, der Freitagabend gemeinsam mit anderen des Verbandes und mit dem Wächtersbacher Professor Dr. Wolfgang Stief auf Einladung der Bürgerinitiative Mobilfunkfreies Wächtersbach im evangelischen Gemeindehaus sprach. Mobilfunksender führen zu Verhaltensstörungen bei Rindern, die der Strahlung ausgesetzt sind, so hieß es in einer Aufzeichnung zweier Fernsehsendungen von ARD und ZDF, die sich kürzlich mit dem Thema beschäftigten. Die Politiker sehen kein „Gefährdungs-Szenario“, und für manche Wissenschaftler gibt es keinen Nachweis von Gefährdungen oder direkten negativen Einwirkungen. Zu anderen Ergebnissen gelangen die empirischen, auf Statistiken basierende Studien aus den Fernsehberichten.
Bei Rindern und Schweinen gebe es sehr wohl Verhaltensstörungen bis hin zu Abnormitäten bei den Nachkommen. Die Strahlungen führten zu „Irritationen der Nervensysteme“. Und: „Mobilfunk kann auch in Bereichen weit unterhalb der Grenzwerte Schädigungen hervorrufen“, so hieß es in beiden Berichten. Die Auswirkungen könnten sein: Schlaffheit und Müdigkeit, Missbildungen durch Störung der Teilung der DNS-Stränge, Konzentrationsschwäche bis hin zu Gedächtnisschwund, Immunschwächen und damit Allergien, Herzrhythmusstörungen und schließlich Krebs. Bei dem Wächtersbacher Professor Dr. Wolfgang Stief hat es nach seinen Worten bei den Beiträgen „gefunkt“.
Der Dozent für Elektrotechnik an der Johann Wolfgang von Goethe Universität Frankfurt am Main vergleicht die Körperzellen, von denen es 70 Billionen im menschlichen Körper gibt, mit elektrischen Batterien. Die Neubildung von zehn Millionen Zellen täglich finde gegebenenfalls unter dem Einfluss naher Sendemasten statt und deren Strahlung habe durchaus Auswirkung auf die Zellbildung. Er sprach von „neurovegetativem Stress“, dem die Zellen ausgesetzt seien und die sich unter diesem Stress missbilden würden. Für den Gründauer Hans Groth sind die Konsequenzen aus der umstrittenen Sachlage klar: Statt, wie es der Gesetzgeber auslegt, der Geschädigte den Schaden nachweisen müsse, damit Masten entfernt würden, müssten „solange nicht bekannt ist, ob sie schädigen oder nicht, die Sendemasten draußen bleiben“, außerhalb der Wohngebiete.
Einziger Ansatzpunkt die Mobilfunkanlagen draußen zu halten, biete aber nur das Baurecht. Mit der Installation gehe eine Nutzungsänderung der Wohnhäuser einher. Und dafür brauche es eine Baugenehmigung. Die aber werde oft genug erteilt, trotz anderslautendem Beschluss des Verfassungsgerichtes. Sein Kollege Eberhard Menche vom Landesverband erläuterte anschließend, für die Mobilfunkbetreiber sei es sehr wohl möglich, Masten außerhalb der Wohnbebauung zu installieren.
Die Leistungskurven verlaufen schnell nach unten, bleiben dann aber relativ konstant und genügten den Handies zum Aufbau der Verbindung. Am Rande der Veranstaltung rief die Bürgerinitiative auf, sich an der Unterschriftensammlung zu beteiligen. Sie fordert, Sendemasten sollten einen Mindestabstand von 800 Metern zur Wohnbebauung haben.
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