Christian Hoppe ist zuversichtlich: "Wenngleich die Kundenzahlen nicht mehr so rasant wachsen", so der Sprecher von Vodafone Deutschland, "brauchen wir dennoch einen Mitarbeiterstamm für die Beratung und Pflege der kommenden Dienste." Trotz Flaute ist das Mobilfunkunternehmen auf der Suche nach geeigneten Kandidaten, mit denen Vodafone UMTS, das Netz der dritten Generation, jetzt auf den Weg bringen will. Hoppe rät Interessenten, sich rasch zu bewerben. Von rund 400 auf etwa 1200 Mitarbeiter will das Unternehmen sein UMTS-Team in den kommenden zwei Jahren aufstocken. Und allein bei der Stellenbörse Worldwidejobs gibt es zurzeit 350 Vodafone-Angebote. Jobwunder, Jobvernichter Was ist dran am vermeintlichen Jobwunder? Täglich neue Hiobsbotschaften und Entlassungen im großen Stil lassen die Mobilfunkbranche nicht gerade als erste Wahl für die Verwirklichung des Karrierewunschs erscheinen. So trennt sich Siemens weltweit von 7500 Mitarbeitern, die französische Alcatel baut 14.000 Stellen ab, Motorola erteilt 22.000 Leuten den Laufpass, und Nokia streicht vermutlich 400 Jobs im Werk in Bochum. Die Liste ließe sich bequem fortsetzen. Noch vor wenigen Monaten hatte sich die Branche optimistisch über ihre Zukunftsaussichten geäußert. Seit 1996 war die Zahl der Beschäftigten in der deutschen Mobilfunkindustrie von rund 15.000 auf mehr als 33.000 zum Ende vergangenen Jahres angestiegen. Damit hätten die Unternehmen die "ohnehin hoch gesteckten Erwartungen deutlich übertroffen", jubelte Volker Jung, Vorstand des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom). Von einem Ende des Booms wollte Jung, zugleich Mitglied im Siemens-Zentralvorstand, damals freilich nichts wissen. Wie man sich irren kann. UMTS der Ruin für die Branche? Auch Siegmar Mosdorf, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, hatte zwar unmittelbar nach der Versteigerung der UMTS-Lizenzen von "750.000 neuen Arbeitsplätzen in der digitalen Ökonomie" gesprochen und UMTS als Basistechnologie "einen wichtigen Beitrag dafür" zugeschrieben. Inzwischen mehren sich aber die kritischen Stimmen jener, die mit dem neuen Mobilfunknetz massive Probleme für die Betreiber befürchten. Einer der schärfsten Kritiker, Professor Eli Noam vom Columbia University Institute for Tele-Information, nimmt an, dass UMTS den "Ruin für die gesamte Telekommunikationsindustrie" mit sich bringe: Durch die Auktionen sei viel zu viel Geld aus dem Telekommunikationssektor abgezogen worden. Das fehle den Unternehmen jetzt, um das notwendige Personal für den Aufbau der Netze bezahlen zu können. ITK-Fachkräfte sind begehrt Vodafone ist jedoch kein Einzelfall. Auch andere UMTS-Pioniere suchen händeringend Fachleute für den Aufbau der Netze. Techniker sind ebenso gefragt wie Experten für das Billing: die Abrechnungssysteme, an denen Hunderte von ITK-Fachleuten derzeit mit Hochdruck arbeiten. Aufgrund der vielen - bisweilen allerdings erst angekündigten - Entlassungen, können die Unternehmen aus dem Vollen schöpfen. Der noch vor einem Jahr geradezu leergefegte Markt an ITK-Fachkräften beginnt sich wieder zu füllen. Wer glaubt, sein Know-how nun teuer verkaufen zu können, erntet oft Unverständnis: "Wer mit überzogenen Gehaltsforderungen ankommt, kann gleich wieder gehen", sagt etwa Mobilcom-Personalchefin Tanja Schnabel. Das Zauberwort: Lokale Dienste Mit Kusshand werden dagegen jene Leute genommen, die wissen, wie man attraktive Inhalte für die kommenden Datendienste gestaltet. Das Zauberwort heißt "Lokale Dienste", und dahinter steckt eine Mischung aus Information, Navigation, Unterhaltung und Kommunikation, bezogen auf die Region, in der sich die Handy-Nutzer gerade aufhalten. Experten sehen hier große Chancen für Content-Entwickler, die bislang für Internetdienste tätig waren. Florian Dargel, Initiator des "Wireless Wednesday", einem Treff von Leuten mit Ideen rund um die mobilen Dienste, wittert bereits Morgenluft: "Die Mobilfunk-Szene ist stark in Bewegung." Auf der Straße gelandete Web-Designer könnten sich hier erneut verwirklichen. Bedarf ist offenbar vorhanden: Die Unternehmensberatung Booz Allen & Hamilton spricht von 2000 Firmen, die derzeit an den mobilen Datenanwendungen der Zukunft basteln. Ob die "zweite Gründungswelle nach dem Internet-Boom" aber von Dauer sein wird, ist fraglich. Denn falls sich der hiesige Markt etwa nach japanischem Muster entwickelt, werden es vermutlich nicht die Startups sein, die das Geschäft ankurbeln. Der japanische Mobilfunkanbieter NTT Docomo hat die Inhalte für seinen Datendienst "i-mode" überwiegend selbst gestrickt - und damit einen kolossalen Erfolg gelandet. Ideenwettbewerb für die Dienste E-Plus-Vorstandschef Uwe Bergheim möchte daran anknüpfen. Sein Unternehmen sicherte sich "i-mode" für den deutschen Markt. Bergheim bekräftigte zudem, dass er auf einen "Ideenwettbewerb für die richtigen Dienste" hoffe. Nach Meinung von Branchenkennern ist der auch bitter nötig, denn noch ist weithin unklar, welche Dienste bei den Kunden ankommen werden. So könnte das vermeintliche Jobwunder UMTS am Ende zum teuersten Flop in der Geschichte der Telekommunikation werden - und zum Debakel für die Betroffenen. Wer sich auf das Wagnis einlässt und ausgerechnet jetzt in die Mobilfunkbranche wechseln will, braucht in der ansonsten drahlosen Welt zumindest innerlich ein belastbares Netz: Nerven wie Stahlseile. |