EKD

Mobilfunk-Anlagen auf kirchlichen Gebäuden –
Eine Stellungnahme aus ökologischer Sicht

vorgelegt vom Umweltbeauftragten des Rates

der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)

und der Arbeitsgemeinschaft der Umweltbeauftragten

der evangelischen Kirchen in Deutschland (AGU)*

22. 01. 2001

 

 

 

Inhalt

Seite

 

1. Mobilfunk: zur Entwicklung und zur Problemlage in den Kirchen               1

2. Gesundheitsgefahren durch Mobilfunk: Was kann man heute wissen?    2

3. Die neue Herausforderung: UMTS                                                                        5

4. Der professionelle Mobilfunk – von der Öffentlichkeit kaum beachtet         7

5. Kirchen und Mobilfunk: Empfehlungen                                                               7

5.1      Empfehlungen zum GSM-Standard                                                               7

5.2             Empfehlungen zum UMTS-Standard                                                             7

5.3             Zur öffentlichen Debatte                                                                                    8

6. Prüfkriterien bei der Bearbeitung einer Mietanfrage zum Betrieb

einer Mobilfunk-Basisstation auf kirchlichen Gebäuden                                8

7. Anmerkungen                                                                                                              10

 

 

1. Mobilfunk: zur Entwicklung und zur Problemlage in den Kirchen

 

Die im Jahr 1992 eingeführte Mobilfunk-Technik (1) hat sich am Markt in kürzester Zeit etabliert. Ende 2000 besaßen in Deutschland 48 Millionen Menschen ein Handy, 24 Millionen mehr als zu Jahresbeginn (2). Trotz vieler Fragen hat sich der Mobilfunk auch im kirchlichen Bereich durchgesetzt: kaum ein kirchlicher Mitarbeiter oder Mitarbeiterin, die nicht ein Handy besitzen und dies auch häufig nutzen würde. Nach Angaben der Bundesregierung bestanden bereits im Mai 2000 in Deutschland 34.373 Basisstationen, die für den Betrieb eines störungsfreien Mobilfunknetzes notwendig sind (3).

 

Solche Basisstationen wurden in vielen Gemeinden auch auf kirchlichen Gebäuden installiert – insbesondere auf Kirchtürmen – die für Betreiber der Mobilfunknetze besonders interessant sind. Zahlreiche Kirchengemeinden haben inzwischen Mietverträge mit Unternehmen abgeschlossen, die diesen die Errichtung und den Betrieb von Mobilfunk-Basisstationen ermöglichen. Eine genaue Zahl der Mobilfunkanlagen auf kirchlichen Gebäuden ist derzeit nicht bekannt.

 

Die Nutzung kirchlicher Gebäude war jedoch von Beginn an umstritten. Die Argumente "pro" und "contra" stützen sich im wesentlichen auf die folgenden Argumente:

 

·         Die Befürworter verweisen auf einen von der Grundstückskommission der EKD ausgearbeiteten Musterpachtvertrag, dessen Inhalt keine besonderen Vorbehalte gegen den Mobilfunk zum Ausdruck bringt (4). Auch enthält der Vertrag vorsorgerechtliche Klauseln, die es einer Gemeinde ermöglichen würden, aus dem Vertrag auszusteigen, wenn eine Gesundheitsgefährdung der Mobilfunk-Technik nachgewiesen würde. Von Befürwortern wird darauf hingewiesen, dass man als Vermieter eher die Möglichkeit besitzt, die Abstrahlungsleistung von Sendeanlagen zu beeinflussen, als dies ein Anwohner tun kann. Daneben sei angemerkt, dass die durch einen Vertragsabschluss erzielten Mieteinnahmen in Zeiten knapper Kassen nicht wenigen Gemeinden hochwillkommen sind.

 

·         Die Gegner der Nutzung kirchlicher Gebäude für Mobilfunk-Basisstationen verweisen auf Studien, in denen eine Vielzahl möglicher negativer Effekte der Mobilfunkstrahlung auf Menschen und Tiere diskutiert werden. Diese Studien weisen ihrer Meinung nach auf eine zunehmend wahrscheinlicher werdende Gesundheitsgefahr hin, der Einhalt geboten werden muss. Sie fordern die Unterstützung und Solidarität der Kirchen für die Menschen ein, die sich durch den Mobilfunk in ihrer Gesundheit beeinträchtigt fühlen. Sie argumentieren, dass ein kirchliches Gebäude christliche Gemeinschaft, theologisch-ethische Begleitung und Schutz in seinen Mauern anbieten und dass von ihm keine Gesundheitsgefahr ausgehen sollte. Neben theologischen Gründen wird aber auch auf mögliche Beeinträchtigungen der Gebäudeansicht, auf Probleme des Denkmalschutzes und auf die Störung der Lebensumstände seltener Vögel oder Fledermäuse verwiesen, die in nicht wenigen der in Frage stehenden Kirchtürmen leben.

 

Beide Seiten sind bisher nicht in der Lage, ihre Position durchzusetzen, so dass die Entscheidungslage im kirchlichen Bereich uneinheitlich ist. Viele Pfarrerinnen und Pfarrer fühlen sich überfordert, wenn sie eine Entscheidung pro oder contra fällen sollen. Auf Grund dieser Überforderung werden nicht selten allein im Blick auf die zu erwartenden Mieteinnahmen unkritisch Genehmigungen ohne Prüfung der jeweils besonderen Umstände des Einzelfalls erteilt. So tritt dann häufig auch die Situation ein, dass sich Kirchengemeinden nach dem Bekannt werden eines Mietvertrages mit dem starken Protest von Anwohnern und Gemeindegliedern konfrontiert sehen, die sich zum Teil erbittert gegen die Errichtung von Basisstationen zur Wehr setzen.

 

Zu den Menschen, die den Mobilfunk-Sendeanlagen kritisch gegenüber stehen, gehören diejenigen, die um der Sorge um die eigene Gesundheit, aber auch der ihrer Kinder Willen alles vermieden wissen wollen, was eine Gefährdung darstellen könnte. Hinzu kommen Personen, die mit Befindlichkeitsstörungen auf installierte Mobilfunk-Sendestationen oder Handybenutzung reagieren. Einige Personen, die sich selbst als elektrosensibel bezeichnen, leiden nach eigenen Angaben unter Krankheitserscheinungen, die sie mit elektromagnetischer Strahlung in Zusammenhang bringen. Sie haben sich im Bundesverband gegen Elektrosmog zusammengeschlossen.

 

 

2. Gesundheitsgefahren durch Mobilfunk: Was kann man heute wissen?

 

Seit Jahren werden mögliche negative Auswirkungen auf die Gesundheit sowohl der Nutzer von Handys als auch der Anwohner von Basisstationen in wissenschaftlichen Veröffentlichungen diskutiert. Bei Handys, die ihre Sendeleistung unmittelbar am Kopf des Nutzers abstrahlen, kann es in bestimmten Fällen zu lokalen Erwärmungen kommen. Daneben werden aber insbesondere sogenannte "athermische" Wirkungen diskutiert, die bei wesentlich geringeren Leistungen beobachtet werden und daher auch bei Basisstationen auftreten können (5).

 

In wissenschaftlichen Studien wurden die verschiedensten biologischen Systeme untersucht: Membransysteme, Bakterien, Zellkulturen, Gewebeproben, Tiere und Menschen, die sich freiwillig als Versuchspersonen zur Verfügung gestellt haben. Beschrieben wurden dabei die folgenden möglichen negativen Effekte:

·         Beeinflussung von Hormonsystemen, insbesondere von Melatonin;

·         krebsfördernde Wirkungen;

·         Beeinflussung der Konzentrationsfähigkeit und des Schlafes;

·         Beeinflussung von Enzymaktivitäten;

·         Beeinflussung von Neurotransmittern (Botenstoffen im Gehirn);

·         Veränderung von Hirnwellen;

·         Störungen des Stofftransports innerhalb von Zellen;

·         Erhöhung der Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke;

·         Brüche des Erbmoleküls DNA sowie

·         Störungen des Immunsystems.

 

Es muss betont werden, dass alle Studien, die die hier aufgezählten Effekte beschreiben, einer weiteren Prüfung und Absicherung bedürfen. Die inzwischen große Anzahl der durchgeführten Experimente, bei denen derartige Effekte beobachtet werden, lässt jedenfalls den Schluss zu, dass Lebewesen auf diese Strahlung reagieren. Die Frage, ob diese Strahlung für den Menschen gesundheitsschädlich ist, oder nicht, kann allerdings noch nicht eindeutig mit ja oder nein beantwortet werden.

 

Auch nach der 22. Jahrestagung der Bioelectromagnetics Society (BEMS) im Juni 2000 in München, auf der Wissenschaftler aus aller Welt erneut eine Fülle von Untersuchungen vorstellten und kontrovers diskutierten, ist die Bewertung „unentschieden“. Ein Fachwissenschaftler hat diesen Befund wie folgt kommentiert: "Auf der einen Seite bedeutet die Bewertung, dass die vorgestellten Ergebnisse und Informationen, welche durch die neuen Forschungsbeiträge geliefert wurden, sowohl für die Gruppen, die Gesundheitsrisiken sehen, als auch für die, die nur ein geringes oder kein Risiko sehen, etwa gleich verteilt sind. Auf der anderen Seite bedeutet „unentschieden“ auch, dass nichts entschieden ist. [...]“ (6)

 

Die Welt-Gesundheitsorganisation (WHO) will mit einer groß angelegten Studie bis zum Jahre 2003 versuchen, Klarheit zu gewinnen: 6.000 Handybesitzer und 6.000 Kontrollpersonen ohne Handy sollen in 13 Ländern beobachtet und befragt werden. Unterstützt wird diese Studie durch eine weitere, längerfristige Untersuchung mit 2.250 Personen in Deutschland. (7)

 

Eine Literaturstudie, die sich mit der Förderung beziehungsweise Auslösung von Krebs durch Mobilfunk befasst und von Wissenschaftlern des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Aerosolforschung durchgeführt wurde, kommt zu dem folgenden Fazit: "Zur Zeit ist es unmöglich, auch die langfristige Unschädlichkeit von athermischen HF-EMF-Expositionen [ d.h. hochfrequenten elektromagnetischen Feld-Expositionen, d.A.] (und damit GSM) wissenschaftlich zu belegen, allerdings ergeben sich aus den bisher publizierten Untersuchungen auch keine zwingenden Hinweise für ein Gesundheitsrisiko des Menschen." (8)

 

Damit bleiben derzeit leider die wesentlichen Fragen weiterhin ohne abschließende Antwort:

·         Hat der Mobilfunk schädigende Auswirkungen auf die Gesundheit oder nicht?

·         In welchem Verhältnis steht eine mögliche Schädigung durch Mobilfunk zu anderen schädlichen Umwelteinflüssen?

·         In welchem Verhältnis sind die Einflüsse des Mobilfunks zu anderen elektromagnetischen Strahlungsquellen zu sehen: etwa die sogenannten DECT-Telefone, das sind schnurlose, gepulst sendende Heim-Telefone, weitaus stärkere Sender wie Radio- und TV-Sender oder Felder von Computern und Haushaltsgeräten wie Mikrowellengeräte?

 

In dieser Situation stellt sich die Bundesregierung offiziell weiterhin hinter die Position des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), das davon ausgeht, dass mit den Grenzwerten der 26. Bundes-Immissionschutz-Verordnung (BImSchV) gesundheitsschädliche thermische Effekte ausgeschlossen sind. Daher erklärte Staatssekretär Baake noch am 6. November 2000:

"Bei Einhaltung der geltenden Grenzwerte sind nach dem derzeitigen international anerkannten Erkenntnisstand negative Auswirkungen auf die Gesundheit nicht nachgewiesen." (9) Das BfS bestreitet jedoch die sogenannten athermischen Effekte, da kausale Zusammenhänge noch nicht nachgewiesen sind.

 

Das ECOLOG-Institut in Hannover stellte in einer umfangreichen Sichtung der Literatur fest, dass die beschriebenen Effekte hochfrequenter Felder auf biologische Systeme durchweg bei geringen Strahlungs-Intensitäten auftraten. Daher rät das Institut, "bei der Planung neuer Anlagen in der Nähe empfindlicher Nutzungen, das heißt Bereichen, in denen sich Menschen täglich für mehr als vier Stunden aufhalten (Wohnungen, Schulen, Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Pflegeheime, Dauerarbeitsplätze) Vorsorgegrenzwerte von 0,01 W/m² für die Leistungsflussdichte und 2 V/m für das elektrische Feld nicht zu überschreiten." Wäre ein eindeutiger Nachweis für die Unschädlichkeit des Mobilfunks erbracht, so wäre auch die Beachtung dieses Vorsichtsprinzips nicht erforderlich.

 

Im Gegensatz zu der oben zitierten offiziellen Position scheint die Bundesregierung von der Gefahrlosigkeit des Mobilfunks doch nicht hundertprozentig überzeugt zu sein. Bereits 1999 stellte das Bundesministerium für Umwelt (BMU) anlässlich des "Bürgerforums Elektrosmog" eine Überarbeitung der 26. BImSchV in Aussicht. In einer gemeinsamen Pressemitteilung von BfS und BMU vom 2. August 2000 heißt es (11): "Der anhaltende Handy-Boom in Deutschland und der damit verbundene Ausbau des Mobilfunknetzes in Deutschland verdient nach Ansicht von Bundesumweltminister Trittin auch unter Strahlenschutzgesichtspunkten verstärkt Beachtung. Die Grenzwerte der seit 1997 gültigen Elektrosmog-Verordnung (26. BImSchV) erfassen die Sendeanlagen der Mobilfunknetzbetreiber. Die Strahlenschutzkommission des Bundes (SSK) prüft derzeit, ob hinsichtlich der Sendeanlagen neue Vorsorgeregelungen notwendig sind. Darüber hinaus ist das Bundesumweltministerium bereit, mit Vertretern der Telekommunikationsbranche Gespräche über Fragen elektromagnetischer Felder und ihrer Wirkung auf den Menschen vor allem im Hinblick auf die bevorstehende Einführung der dritten Mobilfunk-Generation (UMTS) zu führen."

 

Betrachtet man die deutschen Grenzwerte der 26. BImSchV im Vergleich zu den entsprechenden Vorsorgewerten des Auslands (Kasten 1), so wird deutlich, dass die lediglich unter Berücksichtigung thermischer Effekte festgelegten Werte erheblich höher als die Werte in einigen unserer Nachbarstaaten liegen. Dies hat der Verbreitung des Mobilfunks dort offenbar keinen Abbruch getan, denn z.B. in Ländern wie Italien und Finnland nutzt im Vergleich zu Deutschland bereits ein erheblich höherer Prozentsatz der Bevölkerung diese Technologie.

 

Wie der Kasten zeigt, liegen die Empfehlungen von ECOLOG und nova (12), Institute, die sich mit Fragen des Elektrosmogs befassen, etwa in den Größenordnungen der schweizerischen und italienischen Vorsorgewerte. Die Werte der sogenannten "Salzburger Resolution" befinden sich noch darunter. Dagegen geht der Bundesverband gegen Elektrosmog in seinen Forderungen noch wesentlich weiter: (15) Würden die von diesem Verband empfohlenen Werte eingehalten werden müssen, so würde faktisch kein Mobilfunk mehr möglich sein.

 

 

 

Kasten 1: Vergleich von Grenzwerten für Mobilfunksendeanlagen *

*     genannt werden Leistungsflussdichten und teilweise auch das elektrische Feld

      Quellen: vgl. Anmerkungen 12, 13 und 14.

 

Grenzwerte / Empfehlungen

 

900 MHz (D-Netz)

1800 MHz (E-Netz)

BRD, 26. BImSchV v. 16.12.1996

4,5 W/m²

42 V/m

9,0 W/m²

58 V/m

Italien, Erlass für Grenzwerte zum Schutz der Bevölkerung vor Feldern mit Radiofrequenz vom 11.9.1998, Vorsorgewert für > 4 Std. Aufenthalt

0,1 W/m²

6 V/m

0,1 W/m²

6 V/m

Schweiz, VO über den Schutz vor nichtionisierenden Strahlen vom 23.12.1999, Vorsorgewert für empfindliche Nutzungsbereiche

0,04 W/m²

4 V/m

0,1 W/m²

6 V/m

Österreich, Salzburg,
Salzburger Vorsorgewert

1 mW/m² (= 0,001 W/m²)

1 mW/m²

ECOLOG, Empfehlung für empfindliche Nutzungsbereiche

0,01 W/m²

2 V/m

0,01 W/m²

2 V/m

nova-Institut

 

0,045 W/m²

0,095 W/m²

Bundesverband gegen Elektrosmog, Empfehlung für gepulste Strahlung

10– 6 W/m² (= 0,1 nW/cm²)

0,002 V/m für Wachbereich

 

10-8 W/m² (= 0,001 nW/cm²)

für den Schlafbereich

10– 6 W/m² (= 0,1 nW/cm²)

0,02 V/m für den Wachbereich

 

10-8 W/m² (= 0,001 nW/cm²)

für den Schlafbereich

 

Folgt man den Überlegungen von ECOLOG, so ist durch eine Absenkung der Grenzwerte in einem von diesem Institut vorgeschlagenen Umfang keine Behinderung des Mobilfunks zu erwarten. Die Absenkung der Grenzwerte würde bei D- und E-Netzen zu Sicherheitsabständen führen, die 20mal beziehungsweise 30mal größer wären als die derzeit von den Behörden festgelegten. Bei der Auswahl von Standorten müssten die Betreiber zukünftig allerdings mehr Aufwand treiben. "Anlagen in dicht bebauten Wohngebieten oder auf Schulen und ähnlich sensiblen Einrichtungen wären bei Zugrundelegung der Vorsorgegrenzwerte des ECOLOG-Institutes in der Regel nicht mehr zulässig."(15)


3. Die neue Herausforderung: UMTS

 

Ungeachtet der laufenden Auseinandersetzungen um mögliche gesundheitliche Schäden durch die bestehende Mobilfunk-Technologie nach dem GSM-Standard hat die mobiltelefonische Zukunft bereits begonnen: im Sommer 2000 ersteigerten sechs konkurrierende Unternehmen sogenannte "Universal Mobile Telecommunication Standard" (UMTS)-Lizenzen. Diese Sendelizenzen sollen den Inhabern der neuen Lizenzen ermöglichen, zukünftig mehr als nur Telefongespräche und relativ kurz gefasste andere Informationen zu übertragen. Mit UMTS soll auch das mobile Surfen im Internet, das Herunterladen von umfangreichen Informationen wie Musikvideos, und schließlich sogar visuell unterstütztes Telefonieren möglich werden (15). UMTS soll mit Datenübertragungsraten von bis zu 2 Megabit/Sekunde 31 mal schneller als ISDN und 200 mal schneller als ein heutiges Handy sein. (16) Zusätzlich zu den 100 Milliarden DM Lizenzgebühren kommen auf die Betreiber noch hohe Entwicklungskosten zu. E-Plus rechnet für den Aufbau eines funktionsfähigen Netzes zwischen den Jahren 2003 und 2005 mit Investitionskosten von 6 Milliarden DM (18). Man will aber bereits 2003 funktionsfähige Netze anbieten.

 

Wodurch unterscheidet sich nun UMTS von bisherigen Mobilfunkstandards? Die Leistungsfähigkeit des neuen Mobilfunkstandards hängt zum ersten mit einer neuen Organisation des Kommunikationsnetzes zusammen. Waren bisher die einzelnen Zellen etwa gleich groß, so wird ein UMTS-Netz aus sogenannten Pico-Zellen zur Versorgung von Häuserblocks, aus
Mikrozellen für Stadtteile und Makrozellen für die Versorgung von Vororten und ländlichen Gebieten bestehen. Hinzu kommen noch großräumige Zellen mit Radien von bis zu einigen hundert Kilometern. (20)

 

Ein zweiter Unterschied liegt in der Art und Weise, wie die Informationen übertragen werden. Um diesen Unterschied zu verstehen, muss man sich ein gutes Stück weit auf die Einzelheiten der Technik einlassen (vgl. Kasten 2). Für den Laien ist wichtig zu wissen:

·         Die sogenannte gepulste Übertragung beim GSM-Standard wird von zahlreichen Studien in Zusammenhang mit möglichen negativen Effekten auf Menschen und Tiere gebracht.

·         Die Funktionsweise von UMTS ist hochkompliziert, wie aus der Beschreibung im Kasten 2 deutlich wird. Dabei wird die endgültige Sendeweise von UMTS derzeit von den Lizenzinhabern in einem fieberhaften Wettlauf gegen die Zeit erst in Versuchen erprobt. Es gibt daher noch keinen allgemein eingeführten UMTS-Standard.

·         Da die genaue Sendeweise von UMTS noch nicht definiert ist, gibt es weltweit noch keine Versuche zur biologischen Gefährlichkeit der neuen Mobilfunkgeneration. Ebenso wie bei GSM vor acht Jahren soll eine neue Mobilfunktechnologie flächendeckend eingeführt werden, über deren gesundheitliche Wirkungen keinerlei gesicherte Daten vorliegen. Nach Aussagen von Experten wird davon ausgegangen, dass aufgrund der größeren Bandbreite der Trägerfrequenzen, der einem Rauschen ähnlichen Erscheinungsform der Sendesignale und der viel weniger gepulsten Signale die Gesundheitsbelastung von UMTS niedriger sein sollte als die des alten GSM-Standards.

 

Auf Grund der bereits erwähnten und anders gearteten Zellenstruktur ist für UMTS nach Angaben der Betreiber ein dichteres Netz an Basisstationen notwendig. Da mit der Vergabe der Lizenzen die Verpflichtung verbunden war, dass jeder der Konkurrenten mindestens 50 Prozent der Fläche der Bundesrepublik mit seinem Netz abzudecken hat, ist mit einem großen Bedarf an neuen Standorten zu rechnen. In der Literatur werden zwischen 15.000 und 120.000 neue Basistationen genannt. (21) Auch wenn die UMTS-Basisstationen nach Angaben der Betreiber mit geringeren Leistungen senden werden (genaue Zahlen liegen uns noch nicht vor), wird die Strahlenbelastung der Bevölkerung insgesamt dennoch weiter ansteigen. Diese Prognose beruht nicht nur auf der geschätzten hohen Anzahl neuer Basisstationen, sondern auch auf der Vermutung, dass die Mobiltelefone des GMS-Standards voraussichtlich noch für längere Zeit - Experten gehen von ca. 10 Jahren aus - parallel zum Aufbau der neuen UMTS-Netze weiter betrieben werden müssen.

Textfeld: Kasten 2: GSM- und UMTS-Standard  Der bisher für den Mobilfunk benutzte GSM-Standard (Global System for Mobile Communications) arbeitet mit einer Trägerfrequenz von 900 MHz bei D-Netzen und 1800 MHz bei  E-Netzen. Das hochfrequente Trägersignal wird in 8 Zeitabschnitte aufgeteilt. Die unterschiedlichen Zeitabschnitte oder "Zeitschlitze" können daher von 8 verschiedenen Teilnehmern gleichzeitig genutzt werden. Die Sprachübertragung wird 217 mal pro Sekunde von einem Teilnehmer auf den anderen umgeschaltet. Die Unterbrechungen dauern lediglich eine 600 Millionstel Sekunde, so dass die Teilnehmer den Eindruck haben, ohne Unterbrechung zu telefonieren. Auf diese Weise entsteht eine periodische Pulsung der digitalen Signale von 217 Hz. Dieses Zugriffsverfahren auf die Daten, das auf einer zeitlichen Unterbrechung der gesendeten Information beruht, wird TDMA genannt (TDMA = Time Division Multiple Access). Die Bandbreite der Übertragung ist relativ schmal und beträgt 200 Kilohertz. Die gepulste Übertragung wird von zahlreichen Studien in Zusammenhang mit Effekten auf biologische Systeme gebracht.  Bei UMTS (Universal Mobile Telecommunication System) liegen die Frequenzbänder, für die Lizenzen erteilt wurden, bei 1,970 – 2,026 GHz und bei 2,110 – 2,200 GHz, also deutlich über der E-Netz-Frequenz und mit einer größeren Breite. Im Gegensatz zum GSM-Standard treten keine scharfen Signale mehr auf. Grundsätzlich wird hier nicht die Information durch ein periodisch gepulstes Signal übertragen, sondern der eigentlichen Information wird ein Code überlagert. Dem datentragenden schmalen Informationssignal wird ein breitbandiges Spreizsignal überlagert. Das kombinierte Signal wird hierdurch breiter: Bei UMTS beträgt die Bandbreite insgesamt 5 MHz, was in der Fachsprache als CDMA (Code Division Multiple Access) bezeichnet wird. Hierdurch sollen mehrere hundert Teilnehmer gleichzeitig auf einem Frequenzkanal Daten senden können. Die Signale der Teilnehmer vermischen sich und es entsteht ein dem Rauschen ähnliches breites Signal. Der Empfänger muss anhand des ihm bekannten Codes die für ihn bestimmte Nachricht aus dem Signalgemisch herausfiltern und die eigentliche Information wieder vom Code trennen. Die Feinstruktur des Codesignals ist für jeden Teilnehmer charakteristisch und wird als "Chip" bezeichnet. Hierdurch entfällt das periodische Pulsen des Signals, wie es bei GSM angewandt wird.   UMTS arbeitet somit bei der Übertragung der gesendeten Informationen quasi zweigleisig. Dabei findet die Übertragung aller Daten (Information, Codesignal, Kontroll- und Steuerungssignale) auf der "Aufwärtsstrecke" (Handy zur Basisstation) gleichzeitig statt. Man spricht von Codemultiplex. Bei UMTS ist es möglich, dass der gleiche Frequenzkanal in benachbarten Mobilfunkzellen zur Anwendung kommt. Eine Verteilung von Frequenzkanälen wie bei GSM ist nicht mehr notwendig. Damit entsteht aber ein Konflikt zwischen nahen Mobilfunknutzern und entfernteren Teilnehmern, das sogenannte Nah-Fern-Problem. Die Teilnehmer wären - würden sie mit exakt der gleichen Leistung senden - nicht mehr unterscheidbar. Das Problem soll dadurch gelöst werden, dass die Teilnehmer aufgrund ihrer Sendeleistung unterschieden werden. Hierzu ist eine sehr empfindliche und simultane Regulation der Sendeleistung erforderlich. Dies geschieht durch eine Pulsung der Regulations-Signale: der Datenfluss von der Basisstation zum Handy wird 1500 mal pro Sekunde  (1500 Hz) unterbrochen, um die Sendeleistung nachzuregulieren. Damit arbeitet UMTS auf der "Abwärtsstrecke" (Basisstation zu Handy) mit einem sogenannten "Zeitmultiplex"-Verfahren. Weil diese Pulsung möglicherweise zu einer elektromagnetischen Unverträglichkeit (Funktionsstörung) zum Beispiel bei Hörgeräten führen könnte, wird sie nur bei der Abwärtsstrecke, nicht aber bei der Aufwärtsstrecke eingesetzt. Da auch bei dem Abwärtssignal die Informationen für mehrere Teilnehmer gleichzeitig gesendet werden, vermischen sich die Signale und im Summensignal ist keine Pulsung mehr erkennbar. (20)

 

 



4. Der professionelle Mobilfunk – von der Öffentlichkeit kaum beachtet

 

Neben den privaten Mobilfunknetzbetreibern gibt es auch noch den sogenannten professionellen Mobilfunk. Hierzu gehören Firmennetze sowie die Funknetze von Feuerwehr und Polizei. Der professionelle Mobilfunk PMR (Public Mobile Radio) soll von analogen Sendestrukturen auf moderne digitale Netze umgestellt werden. TETRA (Terrestrial Trunked Radio) arbeitet wie der GSM-Standard mit gepulsten Signalen, aber in anderen Frequenzbereichen. Das Unternehmen Dolphin Telecom investiert bis Ende 2001 in Deutschland rund eine Milliarde DM in den Aufbau eines Funknetzes nach dem TETRA-Standard. Nach einer Studie der Unternehmensberatung Arthur D. Little benötigen 4,7 Millionen mobiler Mitarbeiter von Unternehmen und Behörden in Deutschland für ihre Arbeit eine Unterstützung durch Mobilfunk, die zukünftig durch TETRA gewährleistet werden soll. (22)

 

 

5. Kirchen und Mobilfunk: Empfehlungen

 

5.1      Empfehlungen zum GSM-Standard

 

Angesichts der Hinweise auf athermische Effekte des Mobilfunks in biologischen Systemen erscheint es angebracht, dem Beispiel unserer Nachbarländer zu folgen und nach dem Vorsichtsprinzip die gesetzlichen Grenzwerte abzusenken, auch wenn noch keine gesicherten wissenschaftlichen Beweise für eine Gesundheitsschädlichkeit des Mobilfunks vorliegen. Weiterhin sollte ein Dialog über die Inhalte der 26. BImSchV begonnen werden. So ist neben der Höhe der Grenzwerte und der Schließung von Lücken im Frequenzumfang des Geltungsbereichs auch zu klären, ob und wenn ja in welcher Form die auch als Elektrosmogverordnung bekannte Regelung sich in Zukunft auch auf die Belastungen durch elektromagnetische Strahlung aus anderen Quellen erstrecken sollte.

 

An die evangelischen Kirchen in Deutschland richten wir die Empfehlung, sich für eine Absenkung der gesetzlichen Grenzwerte einzusetzen. Weiterhin sollte die Genehmigung von Basisstationen auf kirchlichen Gebäuden besonders sorgfältig geprüft werden. Aufgrund der Erfahrungen der Umweltbeauftragten, die sich aus Anfragen und aus Konfliktfällen um die Errichtung von Basisstationen ergeben, sollte der Abschluss eines Mietvertrages für eine Basisstation des GSM-Standards nur unter Berücksichtigung der für die zu errichtenden Anlage explizit genannten Kriterien erfolgen.

 

 

5.2      Empfehlungen zum UMTS-Standard

 

Die Informationslage in Bezug auf UMTS ist zur Zeit noch unbefriedigend. Es erscheint weder möglich, sich einen Überblick über die technischen Konsequenzen der Einführung von UMTS zu verschaffen, noch liegen Erkenntnisse über die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen vor. Die Einführung dieser neuen Technologie könnte sich negativ auf die Beratungen über eine Absenkung der gesetzlichen Grenzwerte der 26. BImSchV auswirken. Wir halten es daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht für ratsam, bereits über Anträge von Mobilfunkbetreibern auf den Abschluss eines neuen Mietvertrages beziehungsweise der Erweiterung eines bestehenden Mietvertrages für UMTS zu befinden. Entscheidungen sollten zumindest so lange nicht getroffen werden, bis ausreichende Informationen für eine Entscheidungsfindung zur Verfügung stehen. Ist dies zukünftig der Fall, so sollten die im folgenden Schlussabschnitt genannten Prüfkriterien auch bei UMTS-Anlagen Beachtung finden. Auf Grund der vorliegenden Informationen kann bei der Erweiterung eines bestehenden GMS-Mobilfunkstandortes mit Sendeanlagen für UMTS nicht davon gesprochen werden, dass lediglich die Sendeanlagen auf den neuesten Stand der Technik gebracht werden. Hier wird ein völlig neues Sendeverfahren entwickelt und demnächst zum Einsatz kommen, über dessen Akzeptanz auch völlig neu entschieden werden sollte.

 

Angesichts der Fülle an zu erwartenden zusätzlichen Sendeanlagen für bestimmte Standorte erscheint es allerdings bereits jetzt als fragwürdig, ob auf kirchlichen Gebäuden eine derartige Vielzahl an Sendeanlagen zugelassen werden sollte. Neben möglichen technischen Problemen (Statik, Glocken) könnte eine Prüfung der von diesen Standorten ausgehenden Sendeleistung auf Einhaltung von Vorsorgewerten, und die Kontrolle additiver Effekte durch benachbarte Standorte und weitere Strahlungsquellen ein für die kirchlichen Genehmigungsinstanzen schwieriges Problem darstellen.

 

 

5.3      Zur öffentlichen Debatte

 

Inzwischen wird auch vor Gerichten um die Errichtung beziehungsweise die Entfernung von Mobilfunk-Basisstationen gestritten. In einem Urteil des Amtsgerichts München wurde einem klagenden Mieter eine Mietminderung von 20 Prozent zugebilligt, obwohl eine tatsächliche Gesundheitsbelastung durch die Basisstation unmittelbar über seiner Wohnung nicht zu belegen war (23). In der Urteilsbegründung wurde wie folgt argumentiert: "Es ist für diese Auseinandersetzung belanglos, dass die streitgegenständlichen Anlagen rechtlich zulässig sind und alle gegenwärtig in Deutschland gültigen Grenzwerte einhalten." Für das Wohlbefinden der Mieter komme es nicht auf sofort spürbare Einwirkungen der Antennenanlage an, sondern auch auf die Furcht vor Gesundheitsschäden, selbst wenn sich dies später als unbegründet darstellen sollte.

 

Unseres Erachtens ist es notwendig, dass sich die Kirchen stärker als bisher in die gesellschaftliche Debatte um den Mobilfunk einbringen. Dabei kann es nicht damit getan sein, die Übernahme einer Verantwortung für mögliche Gefahren zu vermeiden, indem man durch Restriktionen und Verbote die Basisstationen von den eigenen Gebäuden fern hält. Für viele Christinnen und Christen ist die Auseinandersetzung mit der grundsätzlichen Frage wichtig, ob der Betrieb von Sendeanlagen für Telefon, Internet, Musik- und Videoclips und so weiter auf kirchlichen Gebäuden mit dem eigentlichen Auftrag der Kirchen in Einklang steht.

 

Die Tatsache, dass inzwischen mehr als die Hälfte aller Bundesbürger ein Handy besitzt, zeigt, in welchem Ausmaß diese Technologie inzwischen trotz gesundheitlicher Bedenken Verbreitung und offenbar auch Akzeptanz gefunden hat. Es kann daher nicht darum gehen, die generelle Abschaffung einer Technologie zu fordern, deren Schädlichkeit sich derzeit nicht eindeutig beweisen lässt. Vielmehr geht es darum, die Diskussion um den Mobilfunk aus den Expertenrunden in die Gesellschaft zu tragen und dort unter Einbeziehung von Betreibern, Gesetzgebern, Wissenschaftlern der unterschiedlichen Disziplinen und kritischen Bürgern sachlich und problembewusst zu führen. Sicher ist es ein langwieriger Prozess, um auf diesem Wege der Problematik des Mobilfunks insgesamt gerecht zu werden. Hier können sich die Kirchen einbringen und versuchen, dazu beizutragen, dass die gesellschaftliche Diskussion nicht jene Fragen außer Acht lässt, die durch die Prüfkriterien im nächsten Abschnitt angesprochen werden.

 

 

6. Prüfkriterien bei der Bearbeitung einer Mietanfrage zum Betrieb einer

Mobilfunk-Basisstation auf kirchlichen Gebäuden

 

Die allgemeinen, im vorangehenden Text vorgestellten Überlegungen zum Betrieb von Mobilfunkanlagen möchten wir in die folgenden Einzel-Kriterien übersetzen, die als Entscheidungshilfe für die Bearbeitung von Anfragen, auf kirchlichen Gebäuden Mobilfunk-Basisstationen zu installieren, dienen können:

 

1.      Denkmalschutz
Bei einer denkmalgeschützten Kirche beziehungsweise eines anderen kirchlichen Gebäudes sollte keine Genehmigung erteilt werden, wenn die Anlagen das Gesamtbild des Gebäudes verändern oder wenn zur Installation größere Umbauarbeiten erforderlich sind. Antennen in Kreuzform sollten grundsätzlich nicht genehmigt werden. (24)


2.      Statische Aspekte
Sind umfangreiche Installationen notwendig, so ist insbesondere bei einer von außen nicht sichtbaren Anbringung in Kirchtürmen zu beachten, dass die Statik von Wänden und Decken sorgfältig geprüft werden muss. Bei einer Anbringung außen am Turm, die grundsätzlich kritisch zu sehen ist, können durch starke Winde Kräfte am Turm auftreten, die die Gebäudesicherheit beeinträchtigen.

 

3.      Zugang zum Turm und zu den Glocken
Der Zugang zum Geläut und eine zu Reparaturzwecken notwendige Absenkung der Glocken sollte jederzeit gewährleistet sein. Eine mögliche Beeinflussung der Schallabstrahlung der Glocken durch Mobilfunkanlagen ist zu prüfen. (25)

 

4.      Aspekte der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV)
Hierbei handelt es sich nicht um Gesundheitsaspekte, sondern um den Ausschluss der Beeinflussung anderer elektrischer beziehungsweise elektronischer Geräte durch die Mobilfunkstrahlung. Eine Störung von Zeitschaltuhren, Mikrofon- und Lautsprecheranlagen ist
ebenso auszuschließen wie eine Störung eventuell vorhandener Schwerhörigenanlagen und in Bürogebäuden von Computeranlagen. Dieser Aspekt ist insbesondere für Krankenhäuser von großer Wichtigkeit.

 

5.      Schutz von Lebensräumen seltener Tierarten
Leben seltene Vogel- oder Fledermausarten im Dachstuhl, so ist von der Errichtung einer Mobilfunkanlage abzusehen. Die Tiere werden durch die Anlage vertrieben. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt muss Vorrang vor dem Mobilfunk haben.

 

6.      Kommerzielle Nutzung von Kirchtürmen
Die Konferenz der Bauamtsleiter in der EKD hat sich am 4.11.1997 "gegen jede Form widmungsfremder und damit missbräuchlicher Inanspruchnahme der Kirchtürme" ausgesprochen. (26) Daher sollten die Mobilfunk-Basisstationen auf keinen Fall mit Werbeschildern
oder werbeähnlichen Logos ausgestattet sein.

 

7.      Maßnahmen zum Gesundheitsschutz
Der Salzburger Resolution zu Mobilfunksendeanlagen (13) folgend, sind in den Verhandlungen mit dem Mobilfunkbetreiber folgende Aspekte zu beraten:

-             Erfolgte eine Prüfung von Standortalternativen?

-             Welche weiteren hochfrequenten Strahlungsquellen befinden sich außerdem in der Nähe?

-             Wie hoch ist die Strahlenbelastung vor Errichtung der neuen Anlage und welche zusätzliche Strahlenbelastung ist durch die zu errichtende Anlage zu erwarten?

-             Liegen in unmittelbarer Nähe Wohngebäude im Abstrahlwinkel der Sendeanlage? Wie hoch ist die dort maximal mögliche auftretende Belastung?

Die Anlagen sind so zu planen, dass die Exposition in Bereichen, in denen sich Menschen längere Zeit aufhalten, möglichst gering ist. Als Zielwert kann der Vorsorgewert des ECOLOG-Institutes für Wohngebiete von 0,01 W/m² herangezogen werden. Der Betreiber sollte verbindlich schriftlich zusagen, die Einhaltung dieser Werte nach Inbetriebnahme durch Messungen zu belegen.

 

8.      Vertragsgestaltung
Verträge sollten keine langfristige Laufzeit aufweisen, da die im Musterpachtvertrag enthaltene Gesundheitsschutzklausel nur im Falle eines völlig unstrittigen Beweises einer Gesundheitsschädlichkeit greifen wird. Ein Zurücktreten vom Vertrag würde damit nur schwer aus gesundheitlichen Erwägungen durchsetzbar sein. Eine Erweiterung des Umfangs der Sendeanlagen sollte keinesfalls ohne eine erneute sorgfältige Prüfung des Standortes im Einzelfall und durch Abschluss eines neuen Vertrages erfolgen.

 

 

9.      Information und Partizipation
Die Kirchengemeinde und die Anwohner sollten über das geplante Vorhaben im Vorfeld informiert werden. Die Entscheidung für oder wider die geplante Anlage ist unter Einbeziehung der Anwohner zu treffen. Die Informationen sollten allgemeinverständlich und möglichst ausgewogen dargestellt werden. Hierzu sollten neben einem Vertreter der Betreibergesellschaft eine sachkundige Person aus dem Umweltbereich - kirchlicher Umweltbeauftragter, Mitarbeiter eines staatlichen Umweltamt oder andere unabhängige Sachverständige - hinzu gezogen werden).

 

 

7. Anmerkungen

 

  1)    nach dem sogenannten GSM-Standard (GSM = Global System for Mobile Communications), der für das D- und E-Netz gilt; vgl. auch Stellungnahme des Umweltreferates der Evangelischen Kirche von Westfalen von Sept. 1998

  2)    Natur und Kosmos 10/2000, S. 92

  3)    vgl. DIE ZEIT Nr. 52, 20.12.2000; Bundestagsdrucksache 14/4202, 05.10.2000, S. 73 f.

  4)    Musterpachtvertrag der EKD, Arbeitshilfe EKD 7/2-2(b)-2(e), Mai 1999

  5)    Die gesetzlichen Grenzwerte, die in der 26. Verordnung zum Bundesimmissionschutzgesetz (26. BImSchV) festgelegt wurden, gelten nur für Basisstationen, nicht jedoch für Handys und berücksichtigen athermische Wirkungen nicht.

  6)    Privatdozent Dr. Dr. O. Petrowics im FGF Newsletter Nr. 2/3, Oktober 2000, S. 27

  7)    Frankfurter Rundschau Nr. 194, 22.08.2000; vgl. auch Der Spiegel Nr. 10/2000 und Wirtschaftswoche Nr. 36, 31.08.2000

  8)    vgl. FGF Newsletter Nr. 4, Dezember 2000

  9)    siehe Bundestags-Drucksache 14/4568, S. 74

10)    vgl. Mobilfunk    Mobilfunk 5/2000; siehe auch im Internet unter www.ecolog-institut.de

11)    Presseinformation des BMU und BfS vom 2. August 2000, www.bfs.de/presse

12)    Im Internet unter www.nova-institut.de, Stand 5/00

13)    Resolution einer Tagung vom 7./8.6.2000 in Salzburg, vgl. Wohnung + Gesundheit 9/00, S. 37

14)    siehe EMF-Monitor 4/99, zitiert im Internet unter www.ecolog-institut.de

15)    vgl. Arbeitsbericht "Vorsorgender Gesundheitsschutz im Zusammenhang mit elektromagnetischen Expositionen", im Internet unter www.ecolog-institut.de/arbeitsb1.htm, Stand 07. September 2000

16)    vgl., Natur und Kosmos 10/2000 sowie im Internet unter www.siemens.com/umts

17)    vgl. EMF-Monitor 3/00, S. 5

18)    vgl. VDI nachrichten, 1.12.2000

19)    vgl. EMF-Monitor 3/00, S. 5

20)    vgl. Wohnung + Gesundheit Nr.88, 9/1998, S. 46 und Nr. 97, 12/2000, S. 36; siehe auch Frankfurter Rundschau Nr. 194 vom 22.08.2000, Siemens im Internet unter www.siemens.com/umts; FGF Newsletter 4/2000, S. 16, EMF-Monitor 3/00, S. 5

21)    vgl. Wirtschaftswoche, Nr. 34, 17.08.2000, zitiert in Bundestagsdrucksache 14/4202, 05.10.2000, S. 1

22)    VDI nachrichten, 15.12.2000

23)    Amtsgericht München, Aktenzeichen 432 C 7381/95, Urteil vom 27.03.1998

24)    So auch ein Beschluss des Landeskirchenamts der Evangelischen Kirche von Westfalen vom 20.06.2000; persönliche Mitteilung von Herrn Miermeister, Leiter des Baureferats der EKvW, vom 30.11.2000

25)    Stellungnahme von Herrn Peters vom 06.10.2000

26)    Stellungnahme der Bauamtsleiterkonferenz vom 04.12.1997

Evangelische Kirche

Sendeanlagen auf Kirchen

"Die Evangelischen Kirchengemeinden werden keine Mobilfunk-Sendeanlagen auf kirchlichen Gebäuden erlauben, solange gesundheitliche Gefährdungen für Menschen nicht zweifelsfrei ausgeschlossen sind," betonte Pfarrer Ulrich Caspers im Namen der Evangelischen Kirchengemeinden Büttgen, Kaarst und Holzbüttgen.

Er erklärte: "Schon seit geraumer Zeit wird im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland das Thema 'Errichtung von Mobilfunk-Stationen' in Wohngebieten und besonders auf kirchlichen Gebäuden diskutiert." Das Landeskirchenamt habe zwar keinen Genehmigungs-Stopp ausgesprochen. Angesichts noch nicht widerlegter Vermutungen über Gesundheitsgefahren durch elektromagnetische Strahlen beim Betrieb der Anlagen, fasse die Evangelische Kirche im Rheinland die Genehmigungsgrenzen sehr eng - gemäß Vorgaben, wie sie in Italien und der Schweiz gelten.

http://www.ngz-online.de/ngz/news/kaarst/2001-0907/sendeanlagen.html
www.buergerwelle.de

 



* Autorin: Dr. Gudrun Kordecki, Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen. Herrn Dr. Hans Diefenbacher und Pfarrer Wilhelm Wegner sei für hilfreiche Hinweise gedankt.