Die Parteien schlafen noch - aber erste Politiker erwachen!

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Heinz Wiese
            Mitglied des Deutschen Bundestages
            Mitglied im Ausschuß Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
            Deutscher Bundestag, Platz der Republik 1, 11011 Berlin
           
K (030) 227-71071
               
M (030) 227-76521
           
 heinz.wiese@bundestag.de

 


Berlin, 27.09.2001

 

 

Mobilfunkanlagen – Auswirkung auf den Menschen

 

Im kommunalen Bereich werden immer mehr Mobilfunk Sendeantennen aufgestellt. Die Anwohner sind beunruhigt. Mit Recht?

 

Aus der Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Deutschen Bundestag, an der eine sehr große Anzahl von Experten der verschiedenen Bereiche teilnahmen, nachfolgende Informationen.

 

Erste wichtige Punkte sind bei dieser komplexen Thematik, dass eine umfassende Information der Bürger erfolgt, die  Einbeziehung der Gemeinden bei der Aufstellung der Mobilfunksender gewährleistet wird, sowie eine fortlaufende Forschung gesichert ist. Alle Bereiche des Gesundheitsschutzes müssen ein gleich hohes Niveau haben.

 

Die heutige Form des Mobilfunks, die GSM-Technologie, wird seit Jahrzehnten eingesetzt. Trotzdem wissen wir über die biologischen Auswirkungen nur sehr wenig. Die 26. BImSchV (Bundes-Immissionsschutz-Verordnung) ist in sich inkonsequent und veraltet. Sie regelt nicht das gesamte Frequenzspektrum, sie beschränkt sich auf ortsfeste Anlagen und behandelt nur wirtschaftlich bzw. gewerblich genutzte Anlagen - sie berücksichtigt auch nicht die Wirkung auf Implantate. Hier stellten sich die Fragen, warum unterliegt eine Mobilfunkanlage unter 10 Watt nicht der Verordnung? Warum sind militärische Anlagen, Rundfunk, Fernsehsender und Funkamateure ausgenommen? Warum werden Frequenzen unter 10 Megahertz und über 300 Megahertz nicht berücksichtigt? Warum werden Vorort nicht Kontrollmessungen vorgenommen?

 

„Die Grenzwerte müssen drastisch gesenkt werden und nur biologisch verträgliche Techniken dürfen zugelassen werden,“ so Heinz Wiese, Bundestagsabgeordneter. „Das geltende Baurecht bietet den Kommunen so gut wie keine Handhabe, um gegen konkreten Standortentscheidungen der Betreiber etwas zu unternehmen. Warum können Kommunen vor Ort nicht eine Koordinationsrolle übernehmen?“ Heinz Wiese weiter.

 

Die Mobilfunkbetreiber könnten sich eine Vereinbarung mit dem Bundesverband Kommunalen Spitzenverbände vorstellen, die aus drei Punkten besteht:

1.                           Die Bereitstellung von Informationen allgemeiner Art,

2.                           Informationen an die Kommunen in der Planungsphase und

3.                           die Einbeziehung der Gemeinden auf die konkreten Standorte.

 

Momentan stehen in Deutschland ca. 50.000 Sendeanlagen verteilt auf 35.000 Standorte. Für UMTS wird bis zum Jahr 2003 mit ca. 40.000 zusätzlichen Sendeanlagen und 15.000 neuen Standorten gerechnet. Sollte eine Grenzwertverschärfung beschlossen werden, werden für die heutigen GMS-Netze etwa 30% bis 70% mehr Standorte – also ca. 17.000 – benötigt, was Kosten zwischen 2 und 4 Milliarden EURO zur Folge hätte.

 

Es müssen u.a. stark belebte Teile der Innenstädte und sensible Bereiche wie Schulen und Kindergärten bei den Grenzwerten der Sendeanlagen berücksichtigt werden, wobei im Bereich direkt unter einer Antenne relativ niedrige Feldstärken auftreten, als weiter entfernt.

Paradox ist, dass die Dosis der Bestrahlung um so geringer wird, je mehr Stationen gebaut werden. Je dichter die Besiedlung mit Antennen also ist, um so niedriger können die Maximalbelastungen gehalten werden.

Heinz Wiese dazu: „Techniken muss man bevor man sie installiert und auf den Markt bringt erst einmal erproben. Und den Gemeinden, in denen neue Masten aufgestellt werden, muss man die begleitende Forschung anbieten.“

 

Über welche medizinische oder Umweltrisiken sprechen wir bei der Aufstellung von Sendeanlagen?

Eindeutig wurde ein schwacher Zusammenhang zwischen einer stärkeren Belastung im Hause und Leukämie-Erkrankungen bei Kindern festgestellt. Kinder reagieren besonders empfindlich auf Strahlungen, was sich auch bei der Benutzung von Handys bemerkbar macht. Medizinisch erwiesen ist auch, dass ein dreifach erhöhtes Risiko zum Uveal-Melanom, einem seltenen Augentumor, mit der Handybenutzung verbunden ist.

 

Aktuelle Forschungen belegen die Einflüsse auf die Gehirnfunktionen. Hier gibt es sehr klare Hinweise aus Experimenten mit Tieren, dass deren Verhalten unter der Einwirkung von Feldern, wie sie beim Mobilfunk benutzt werden, verändert wird: Sie haben ein schlechteres Orientierungsvermögen, ein schlechteres Lernverhalten usw. Auch eine vermehrte Ausschüttung von Stresshormonen wurde festgestellt. Im Bereich der Zellen gibt es eine Reihe von Untersuchungen, die zeigen, dass es zu Schäden an den Chromosomen, möglicherweise sogar zu DNS-Brüchen kommen kann, und dass insbesondere aber auch die Vermehrung von Zellen beschleunigt wird (Krebsrisiko!).

 

Wenn verschiedene Sendeanlagen zusammenkommen, z.B. ein Mittelwellen- oder UKW-Sender zu einem GSM-Sender, nehmen eindeutig die Meldungen über Krankheiten zu. Diese Risiken treten erst auf, wenn die Bevölkerung den Feldern über längere Zeit ausgesetzt ist. Vorliegende noch wenige Untersuchungen zeigen, dass in der Umgebung von Radio- und Fernsehsendern das Krebsrisiko um so geringer ist, je weiter entfernt man vom Sender ist – also je dichter man an diesen Sendern wohnt, umso höher ist das Risiko. Die Frage, ob die Energieübertragung durch Felder ursächlich ist, oder ist ob es die Informationsstruktur ist, die in diesen Feldern steckt, ist noch unbeantwortet. Bisher gibt es keine langfristigen Beobachtungen.

 

Ein weiteres nicht zu unterschätzendes Problem sind die sog. „elektrosensiblen Menschen“, mit denen die Ärzte immer mehr konfrontiert werden. Diese Menschen simulieren nicht – sie leiden. Für sie können die bestehenden Grenzwerte nicht mehr gelten, da nicht erwiesen ist, dass kein Schaden entsteht. Bei empfänglichen Kindern, Schwangeren, alten Leuten oder schon Vorerkrankten mit zentralnervösen Störungen kann es zu Effekten kommen, wie z.B. dass die Blut-Hirn-Schranke durchlässiger wird und dies z.T. noch verschlimmernd auf bereits bestehende Krankheiten wirken kann. Hauptsächlich aber werden Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Konzentrationsstörungen genannt.

Untersuchungen aus Schweden zeigen, dass bei der Blut-Hirn-Schranke der Effekt gerade bei niedrigen Leistungsdichten stärker ist als bei hohen Leistungsdichten (weniger Masten – höhere Bestrahlung, mehr Masten – geringere Bestrahlung).

 

Die Empfehlung der Mediziner für die GMS-Anlagen: 10 Mikrowatt pro Quadratmeter oder 1 Nanowatt pro Quadratzentimeter. Bei dem schnurlosen Telefon zu Hause kann man noch eine Größenordnung heruntergehen. Momentan handhabt jeder Anbieter die Ausstrahlung seiner Anlagen unterschiedlich – es gibt bis heute noch keine Richtlinien!