BILD war dabei...

 
BAUBIOLOGIE MAES    BAUBIOLOGIE UND UMWELTANALYTIK        27.11.99
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TELEFON 02131/43741 TELEFAX 44127
 

Offener Brief an die
COMPUTERBILD Redaktionsleitung
Herrn Harald Kuppek
Axel-Springer-Platz l
20350 Hamburg
 

Strahlungsbelastung durch DECT-Schnurlostelefone

Guten Tag, Herr Kuppek!

Es geht um den Bericht "Meyers Märchenstunde" über Telefone nach DECT-Standard in der Ausgabe 24/99 von COMPUTERBILD, geschrieben von Ihrem Mitarbeiter Joachim Grübler. Dieser Bericht strotzt vor Unsachlichkeit, Unfachlichkeit, Beleidigung und Lüge. Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine falsche und schlechte Berichterstattung in Ihrem Sinne ist. Ich wende mich an Sie, weil Sie für den Inhalt der Zeitschrift verantwortlich zeichnen und ich mich nicht auf das Niveau von Herrn Grübler begeben möchte.

Herr Grübler wurde von mir sachkundig und ausführlich -sowohl telefonisch als auch schriftlich- über die "Nebenwirkungen" schnurloser DECT-Telefone informiert. Ihm liegen alle Fakten vor, die nachvollziehbar aufzeigen, daß man es bei den Schnurlosen der neuen digitalen Generation mit gepulsten Mikrowellen und Dauersendern zu tun hat. Gepulste Mikrowellen, das belegen nicht nur besorgniserregende Erfahrungen, sondern auch zahlreiche wissenschaftliche Studien, sind offensichtlich biologisch riskant, wenn man ihnen lange ausgesetzt wird und deren Strahlungsintensität zu hoch ist.

Bei den DECT-Telefonen bekommt man die Strahlung dauerhaft ab, weil deren Basisstationen leider nicht nur während eines Telefonates gepulste Mikrowellen senden, sondern auch darüber hinaus, immer, nonstop, also auch wenn nicht telefoniert wird. Steht eine solche dauerfunkende DECT-Basisstation in der Nähe des Menschen, z.B. auf Schreib- oder Nachttischen, dann liegen die Strahlungsstärken weit über jenen, die man im Umkreis von einigen zehn Metern um große Mobilfunktürme herum findet. Gegen solche Mobilfunktürme gibt es zur Zeit hunderte Bürgerinitiativen und rechtliche Auseinandersetzungen, eben wegen dieser gepulsten Mikrowellen. Bei den DECT-Telefonen handelt es sich um die gleiche Feldart und -stärke, nur hiervon spricht kaum einer.

Statt auf diese Fakten hinzuweisen, macht Grübler aus der Luft gegriffene und aggressive Rundumschläge gegen die Fernsehsendung "Akte 99" und das Magazin "Öko-Test", die auf diese Probleme hingewiesen haben. Er legt mir und anderen Fachleuten, Wissenschaftlern und Ärzten, die sich berechtigt kritisch und besorgt äußern, Worte in den Mund, die nie gesagt wurden. Er stellt physikalische Gesetzmäßigkeiten auf den Kopf und lamentiert derart theatralisch, als würde er für jedes verkaufte DECT-Telefon eine Mark Provision bekommen.

Solche Redakteure, die sich selbst disqualifizieren, weil sie dem kundigen Leser zeigen, daß sie von der Materie, über sie berichten, keinerlei Ahnung haben, gehören meiner Meinung nach nicht in Redaktionen, die Wert auf Qualität legen. Solche Redakteure, die falsche Behauptungen verbreiten und alle anderen als "Scharlatane" abqualifizieren, die ihnen nicht ins Konzept passen, verdienen nicht die Berufsbezeichnung Redakteur. Ich bin selber Journalist und war 17 Jahre lang abteilungsleitender Redakteur einer großen deutschen Tageszeitung. Ich weiß, wie man professionell und seriös recherchiert und kann mir die Bewertung erlauben so nicht.

Grübler schreibt, der Medizin-Physiker Dr Lebrecht von Klitzing habe im Laborversuch wahrscheinlich nur deshalb Hirnstromveränderungen im Einfluß gepulster Strahlung festgestellt, weil die Probanden wahrend der Tests eingeschlafen seien. Das ist falsch, denn das EEG veränderte sich durch die Funkwellen massiv, und das im Wachzustand. Diese bedenklichen EEG-Effekte sind inzwischen, wie Grübler von mir weiß und nicht berichtet hat, von internationalen Wissenschaftlern bestätigt worden, unter anderem aktuell von den Medizinern der Berliner Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, aber auch von anderen deutschen, schwedischen, britischen und amerikanischen Universitäten. Sind deren Probanden auch alle eingeschlafen?

Grübler schreibt, ich hätte im Öko-Test behauptet, daß Käufer von DECT-Telefonen krank werden. Diese Behauptung ist falsch. Sie finden sie im Öko-Test an keiner Stelle. Ich habe hier wie in anderen Veröffentlichungen und Büchern lediglich von meiner Erfahrung berichtet, die zeigt, daß viele Menschen (nicht alle) heftig mit Beschwerden auf gepulste Strahlung reagieren und diese wieder verschwinden, wenn man jene Feldquellen beseitigt. Das sind Tatsachen, die sich nicht darum scheren, was ein unkundiger Redakteur davon hält.

Grübler schreibt, ich hätte gesagt, das sei doch alles eine Glaubensfrage. Gelogen. Das habe ich nie gesagt. Weil es nicht um eine Glaubensfrage geht, sondern um Fakten.

Grübler kritisiert, daß die DECT-Telefone in einem normalen Wohnzimmer gemessen wurden. Er meint, das hätte man in einer Absorberhalle machen müssen. Unsinn. Kein Mensch lebt in einer Absorberhalle. Will man die Feldstärken dem praktischen Alltag gemäß einschätzen, dann muß man im Alltag messen, da wo das Telefon normalerweise steht, mit allen Reflexionen, die im Raum entstehen. Alles andere ist praxisfremd.

Grübler legt dem Umweltmedizmer Dr Hans-Joachim Petersohn in den Mund, die von ihm im Einfluß gepulster Strahlung nachgewiesenen Verklumpungen von roten Blutkörperchen würden nur dann auftreten, wenn der Patient sowieso schon durch z B Übergewicht und Bewegungsmangel vorgeschädigt sei. Falsch. Sowohl Dr. Petersohn als auch ich haben diese Effekte an gesunden, schlanken und sportlichen Mitmenschen gefunden, wenn sie nur einige Minuten der Strahlung ausgesetzt wurden. Und wenn, sollte man Dicke und Bettlägerige nicht auch schützen?

Grübler kritisiert, daß Dr. Petersohn seine Erfahrungen, die er im Praxisalltag zigfach macht, nicht wissenschaftlich belegen kann. Ich kann meine Erfahrungen auch nicht wissenschaftlich belegen, habe nicht einmal die Qualifikation und den Ehrgeiz hierzu. Werden Tatsachen deshalb weniger tatsächlich?

Grübler kritisiert, daß die von uns für den Öko-Test gemessene Leistungsflußdichte an den DECT-Telefonen nur sehr bedingt etwas über die Gefährlichkeit aussagt. Unsinn. Die Leistungsflußdichte, also die Strahlungsstarke eines Senders, läßt konkrete Rückschlüsse auf biologische und technische Störungen zu.

Grübler favorisiert die SAR-Messung und läßt alle Telefone, die wir für den Öko-Test in Bezug auf die Leistungsflußdichte überprüft haben, nochmals beim Institut für Mobil-funk und Satellitentechnik IMST auf SAR, das heißt auf die Spezifische Absorptionsrate, nachmessen. Bei dieser Methode wird die Temperaturerhöhung einer dem Gehirn ähnlichen Flüssigkeit in einem Kunstkopf ermittelt. Man will also den thermischen Effekt nachweisen. Man will wissen, ob man im Einfluß der elektromagnetischen Strahlung warm wird oder nicht. Wie originell. Öko-Test-Leser wollen nicht wissen, ob sie neben dem DECT-Telefon warm werden (das erreicht man mit einer Zipfelmutze nachhaltiger), sondern ob man hiervon Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Hormonprobleme, Bluthochdruck, Schwindel, Ohrenrauschen oder Herzrhythmusstörungen bekommen kann. Hier geht es um Effekte, die nichts mit Thermik zu tun haben. Kein Wunder, daß man bei den teuren, aufwendigen und wissenschaftlich imponierenden SAR-Messungen keine nennenswerten Wirkungen fand, denn das Hirn wird durch DECT-Strahlung nicht warm wie ein Würstchen im Mikrowellenherd. Daraus läßt sich jedoch kein Rückschluß auf generelle biologische Unbedenklichkeit ableiten. Die Kosten hätten Sie sich sparen können. Allein die Idee, DECT-Telefone nach SAR auf Thermik zu überprüfen, zeigt, daß man hier völlig unsachverständig vorgeht. Dennoch erlaubt sich Grübler die Entwarnung: "Sie brauchen sich um die Strahlenbelastung keine Sorgen zu machen." Und er ergänzt: "Wenn Sie nicht gerade auf der Basisstation Ihres DECT-Telefones schlafen..." Man hat nah am Telefon eben doch thermische Effekte im Kunst-Wasserkopf des Labors gefunden.

Grübler nimmt den "Akte 99"-Moderator Ulrich Meyer als Märchenerzähler und Strahlemann auf die Schippe und unterstellt ihm Taschenspielertricks, weil der mit einem kleinen Funkgerät eine normale Leuchtstoffröhre ohne Netzanschluß zum hellen Leuchten bringt. Meyer wollte im Fernsehen demonstrieren, daß hier starke elektromagnetische Felder wirken. Grübler spekuliert, das Funkgerät müsse mindestens 10 Watt Leistung abstrahlen, um einen solchen technischen Effekt zu bewirken. Falsch. Dies Walkie-Talkie, ein 80-Mark-Handfunkgerät, funktionierte mit nur 4 Watt. Mit 2 Watt eines üblichen Mobüfunk-Handys kann man noch schlimmere technische Probleme bewirken, ganz ohne Thermik, z.B. Flugzeugabstürze. Was meint Grübler, warum in Krankenhäusern, Düsenjets und Omnibussen Handys inzwischen per Strafe verboten sind? Weil medizinische Geräte, die Jumbo-Bordelektronik oder der Airbag im Bus warm werden? Nein, weil technische Störungen durch die Mikrowellensignale passieren. Aber biologische Störungen haben nicht zu passieren. Was ist ein Hirn schon gegen einen Omnibus.

Grübler verharmlost, ein DECT-Telefon funke mit nur 10 Milliwatt mittlerer Leistung und verheimlicht, daß ein Risiko durch nichtthermische Strahlung nicht mit Mittelwerten auszudrücken ist. Die Realität ist, daß ein DECT-Telefon 250 Milliwatt Spitzenleistung abgibt, 25fach stärker, und diese Spitzenleistung ist biologisch wie technisch relevant.

Grübler schreibt, jeder Leiter, durch den ein Strom fließt, erzeuge ein elektrisches Feld. Falsch. Es wird vielmehr ein magnetisches Feld erzeugt.

Grübler gibt seine Meinungen in einem Extrakasten ungehemmt weiter und mault zusammenhanglos von Hexenverfolgung, Teufelsaustreibung, Mittelalter, Scharlatanerie, Erdstrahlung und Geschäftemacherei auf der Basis von Angst.

Mein ehemaliger Redaktionsleiter (ein toller, kritischer, mutiger und kultivierter Mann) meinte einst, als ich noch Redakteur war, wenn er solche Storys a la Grübler las, die bewußt Fakten verheimlichen, um jeden Preis die eigenen Interessen durchsetzen und Schläge unter die Gürtellinie austeilen: "Alles PPP-Journalismus". Was er mit den drei P meinte? Polemik, Pathetik, Palaver.

Offenbar blieb Grübler verborgen, daß in der gleichen Ausgabe Ihrer COMPÜTERBILD auf Seite 8 ein aufschlußreicher Abschnitt zum Thema gepulste Mikrowellen zu lesen war. Ihr Original-Text: "Sowjetische Forscher haben schon vor über 20 Jahren herausgefunden, daß Mikrowellen, wie sie von Handys abgegeben werden, das Gehirn schädigen können. Philips will jetzt die russischen Originalpapiere veröffentlichen. Das US-Militär habe den russischen Versuch nachgestellt - mit Erfolg." Also doch.

Wenn Sie sich zum Thema gepulste Strahlung, Mobilfunk und DECT-Telefone weiter informieren wollen, bitte, Herr Grübler hat reichlich Infomaterial von mir vorliegen.
 

Freundlicher Gruß von

Wolfgang Maes
Sachverständiger für Baubiologie / Journalist DJV