UMTS und die Folgen

NZ 25.8.00

Ein Trommelfeuer von Funkblitzen
Die Diskussion um die Verträglichkeit von Handys aus baubiologischer Sicht
LAUF. - GSM (Global System for Mobile Communications), der heute weit verbreitete technische Standard für digitale Mobilfunksysteme der so genannten zweiten Generation, geriet schon kurz nach der Einführung der D-und E-Netze ins Kreuzfeuer der Kritik — aus gesundheitlichen Gründen. Die mit 217 Hertz periodisch gepulste Strahlung stellt ein "Markenzeichen" der GSM-Handys dar und war in bisherigen Funksystemen nicht üblich. In verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen hat sich herausgestellt, dass genau diese gepulste Strahlung ein besonderes biologisches Risiko darstellt, da sie beim Menschen u. a. Hirnstromveränderungen hervorrufen sowie Einfluss auf die Schlaf- und Traumphasen nehmen kann. Darauf weist gesondert der Berufsverband Deutscher Baubiologen (VDB) e. V. in Lauf hin.
Im Tierversuch wurden u. a. erhöhtes Krebswachstum, Herabsetzung der Blut-Hirnschranke und als Folge Gewebsveränderungen im Gehirn beobachtet. Diese Effekte sind bei herkömmlicher ungepulster Strahlung nicht zu beobachten. Die Pulsung ist vergleichbar mit einem kontinuierlichen Trommelfeuer von "Funkblitzen" auf den Organismus. Unter Wissenschaftlern besteht Einigkeit darüber, dass bezüglich der biologischen Wirkungen noch erheblicher Forschungsbedarf besteht, hierfür wurden jüngst Forschungsprogramme in Millionenhöhe aufgelegt (z.B. von EU und WHO). Währenddessen gibt die Telekommunikationsindustrie gerade Milliardenbeträge für die Lizenzen und die Entwicklung des Mobilfunksystems der dritten Generation aus — UMTS (Universal Mobile Telecommunication System). Auf Grund der spektakulären Auktionen mittlerweile jedermann bekannt, aber in seinen biologischen Wirkungen genauso wenig untersucht, wie GSM damals bei seiner Einführung.
Wie ist nun UMTS aus biologischer Sicht zu beurteilen? Dazu gilt es zunächst einmal festzustellen, dass sich hinter der Abkürzung UMTS nicht ein technischer Standard verbirgt, sondern deren zwei. Die beiden unter dem gemeinsamen Namen UMTS firmierenden Lösungen unterscheiden sich erheblich in der Technik und mit großer Wahrscheinlichkeit auch in den biologischen Wirkungen.

Technische Details
Der eine Teil des Standards arbeitet mit dem Zugriffsverfahren W-CDMA (Wideband Code Division Multiple Access). W-CDMA basiert auf gepaarten Frequenzblöcken, einem für den Uplink (Verbindung Mobilteil-Basisstation) und einem für den Downlink (Verbindung Basisstation-Mobilteil), so genanntes Frequenzduplex (FrequencyDivisionDuplex.FDD). Hierfür wurden am 17.8.2000 sechs Frequenzblockpaare von unterschiedlichen Netzbetreibern ersteigert. CDMA-Systeme arbeiten im laufenden Betrieb ungepulst. Es gibt hier keine Zeitschlitze, die zu der periodischen Pulsung führen, wie bei TDMA-Systemen (Time Division Multiple Access, z. B. GSM-Mobilfunk), und alle Teilnehmer arbeiten "wild gemischt", im gleichen, hier fünf Megahertz breiten Frequenzkanal (== Wideband). Durch die Überlagerung der Signale vieler Teilnehmer im selben Frequenzkanal hat das resultierende Gesamtsignal einen dem Rauschen ähnlichen Charakter. Von einem solchen reinen, ungepulsten CDMA-Signal ist zunächst eine bessere biologische Verträglichkeit zu erwarten, als von gepulsten Signalen.
Dieser grundsätzliche theoretische Vorteil von W-CDMA gegenüber GSM wird in der Praxis allerdings geschmälert: Bei jedem Verbindungsaufbau werden gepulste Signale gesendet. Auch bei paketvermittelten Diensten mit CDMA werden wohl gepulste Signale erforderlich sein.
Hinzu kommt, dass für den Betrieb der W-CDMA-UMTS-Netze tausende von neuen Basisstationen erforderlich sein werden — pro Netzbetreiber ist von ca. 30.000 Basisstationen die Rede. Macht bei sechs Netzbetreibern ca. 180.000 neue Stationen auf Gittermasten, Hochhäusern, Wassertürmen, ausgedienten Fabrikschornsteinen und auf Kirchtürmen. Die flächendeckende Bestrahlung aus nächster Nähe wird noch dichter werden. Und auch für diese Basisstationen werden — wie bereits GSM üblich — die Unbedenklichkeitsbescheinigungen in der Schublade liegen.
Der zweite Teil des UMTS-Standards arbeitet mit dem Zugriffsverfahren TD-CDMA, einer Mischung von TDMA (wie es bei den GSM-Systemen eingesetzt wird) und CDMA. Diese Mischung ist genau wie die GSM-Systeme, mit 217 Hz periodisch gepulst (Mobilteile) bzw. mit 1,73 kHz (Basisstationen). Die Versteigerung der hierfür vorgesehenen Lizenzen steht noch an. Die für TD-CDMA vorgesehenen Teilspektren sind nicht gepaart, da hier als Duplexverfahren TDD (Time Divison Duplex) eingesetzt wird, ähnlich wie bei den schnurlosen DECT-Telefonen. TDD bedingt zwingend eine periodische Pulsung. Von TD-CDMA sind daher die gleichen, heftig diskutierten biologischen Wirkungen und Risiken zu erwarten wie von TDMA, dessen Hauptvertreter GGSM darstellt.
Unter www.Baubiologie.net können weitere Informationen zum Thema Mobilfunk abgerufen werden. Die kostenlose Hotline des VDB: 08 00/20 01-007.

Mobilfunkgeräte:
Zu starke Strahlung

Die Grenzwerte für Mobilfunkstrahlung liegen nach einem Bericht des Fernsehmagazins "Report Mainz" zu hoch. Immer mehr wissenschaftliche Studien wiesen auch bei weit unter den Grenzwerten liegenden Strahlenbelastungen auf Gesundheitsschäden hin, berichtete das Magazin des Südwestrundfunks. Die Bundesärztekammer verlangte vom Bundesamt für Strahlenschutz daher eine drastische Senkung der Grenzwerte für Mobilfunkstrahlung. "Wir fordern das Amt auf, sich mit den seriösen wissenschaftlichen Ergebnissen auseinander zu setzen", sagte das Vorstandsmitglied der Kammer, Heyo Eckel.
Mehr als 40 Studien geben dem Magazin zufolge Hinweise darauf, dass Mobilfunkstrahlung auch weit unterhalb der bestehenden Grenzwerte wirken kann. Bei entsprechenden Versuchen sei es zu Hirnschäden bei Tieren, Erbgutveränderungen in menschlichen Zellen sowie Tumorwachstum und Krebs bei Mäusen gekommen. Dem Bericht zufolge ist daneben bei Kühen die Zahl der Missbildungen in der Nähe von Mobilfunkstationen erheblich höher als auf Höfen ohne Strahlenbelastung.
"Report Mainz" liegen nach eigenen Angaben Teilergebnisse einer Studie im Auftrag des bayerischen Umweltministeriums vor. Bei der Untersuchung von Bauernhöfen in Bayern und Hessen mit und ohne Mobilfunkbelastung wurde demnach bei Tieren in der Nähe von Mobilfunkanlagen ein verändertes Weide-, Futter- und Liegeverhalten festgestellt. Diese Ergebnisse weisen den Wissenschaftlern zufolge auf "Zusammenhänge zwischen Strahlenexposition und Verhalten hin".
Anfang der Woche hatte Bundeswirtschaftsminister Werner Müller ein Gesundheitsrisiko durch die neuen Mobilfunknetze ausgeschlossen. Es gebe derzeit keinen "begründeten Verdacht", um die gesetzlichen Vorgaben zu ändern, sagte Müller.