D: Regierungs-Studie im Zwielicht

MM 30./31.12.2000

Rinderstudie im Zwielicht
Projekt-Mitarbeiter: Ministerium hat Ergebnisse falsch gewertet

München

(sw) - Siegfried Zwerenz vom Anti-Mobilfunk-Verein "Bürgerwelle" hatte bereits bei der Veröffentlichung der so genannten Rinderstudie vor einem Monat ein ungutes Gefühl. Das Ergebnis der vom Bayerischen Umweltministerium veröffentlichten Untersuchung sei merkwürdig, meinte der Mobilfunk-Gegner: "Bei einem Zwischenbericht der Studie sah das noch ganz anders aus."

Jetzt hat der Tierarzt Dr. Christoph Wenzel aus dem baden-württembergischen Kißlegg den Verdacht von Zwerenz bestätigt. In einem Interview mit dem Beilagen-Magazin "Leben auf dem Land" des "Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts", kritisiert der Mediziner, der selbst an der Studie mitgearbeitet hat, das Umweltministerium. Es habe die Ergebnisse der Untersuchung in der Öffentlichkeit nicht korrekt dargestellt, sondern beschönigt. Entgegen den Behauptungen des Ministeriums zeige die Studie sehr wohl "einen deutlichen Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern und dem Organismus der Tiere". Dabei bezieht sich der Mediziner auf Verhaltensstörungen der Tiere wie eine veränderte Futteraufnahme, ein gestörtes Liegeverhalten und vermindertes Wiederkauen.

Wie berichtet, hatte das Bayerische Umweltministerium eine Untersuchung zur möglichen Gesundheitsgefährdung durch elektromagnetische Felder von Mobilfunkanlagen in Auftrag gegeben. Dabei wurde zwei Jahre lang auf 38 Bauernhöfen in Bayern und Hessen die Auswirkung des Mobilfunks auf Gesundheit, Leistung und Verhalten von Rindern untersucht. Das veröffentlichte Ergebnis lässt allerdings viele Fragen offen: Laut Studie gibt es zwar kein Gefährdungs-Szenario durch Mobilfunk, es kann aber auch nicht völlig ausgeschlossen werden, Auffälligkeiten durch den Einfluss von Mobilfunk seien nicht eindeutig zu erkennen gewesen.

"Der Auftraggeber ist offensichtlich überfordert, die Deutlichkeit der Forschungsergebnisses zu werten", meint dagegen Wenzel. Nach seiner Aussage hätten sich die an der Studie Beteiligten in einer achtstündigen Expertenrunde darauf geeinigt, keine Entwarnung zu geben. Genau dies sei aber im Abschlusskommunique gestrichen worden.

Das Umweltministerium wies am Freitag die Vorwürfe Wenzels vehement zurück. "Wir wollen nichts unter den Tisch kehren", betonte Pressesprecher Peter Frei. Er bezeichnete die Vorwurfe des Tierarztes als Einzelmeinung. Man habe bei der Veröffentlichung deutlich gemacht, dass es weder eindeutige Daten für noch gegen einen Einfluss der Mobilfunkstrahlen gebe. "Deswegen", so Frei, "haben wir betont, dass hier verstärkt weitergeforscht werden muss."