Bauernblatt 46-2001

Allgäu aktuell

Wie gefährlich sind Mobilfunkanlagen und Handys?

Informationsversammlung der Ostallgäuer Jungbauernschaft in Ruderatshofen

Immer brennender wird in der Öffentlichkeit das Gesundheitsrisiko durch Mobilfunk und ähnliche Sender diskutiert. Täglich mehren sich die Meldungen über massive Gesundheitsstörungen, Erkrankungen und Problemen bei Mensch und Tier nach der Installation von Mobilfunksendeanlagen. Bereits achtzig solcher Anlagen sind im Ostallgäu installiert. Könnten alle vorhandenen Strahlen sichtbar gemacht werden, befände sich die Welt in einem ständigen Nebel. Ein landwirtschaftlicher Betrieb im Landkreis Weilheim-Schongau hat im Strahlungsbereich eines Sendemasten resigniert und aufgegeben. Die Verluste im Stall waren nicht mehr zu verkraften. Die Jungbauernschaft Ostallgäu nahm dies alles nun zum Anlass, bei einem Fachmann Informationen einzuholen.

»Niemand sagt mehr hier ist nichts«

Hauptschullehrer Hans Schütz aus Peiting, der sich in diese Materie hineingearbeitet hat und mit der Jungbauernschaft und Interessierten diskutierte, ist nicht grundsätzlich gegen mobiles Telefonieren. »Doch niemand sagt mehr, dass hier nichts ist«, erklärte Schütz, der sich bei der Bürgerwelle, die mittlerweile international tätig ist, engagiert. Erfahrungsmedizin und Wissenschaft belegen mittlerweile, dass Handystrahlen an der Begünstigung und Auslösung folgender gesundheitlicher Störungen beteiligt sind. Kopfschmerzen, Augenreizungen, Schlafstörungen, Unruhe, Lernprobleme, Konzentrationsstörungen, Gedächtnisschwäche. Schon nach wenigen Minuten einer Handy-Benützung kann die Blut-/Hirnschranke durchlässig werden und das Eindringen von Giften ermöglichen. Erbgutschädigungen bei Rindern sind bereits belegbar, ebenso Kopf- und Augentumorerkrankungen sowohl bei Tier und Mensch. Schütz referierte dabei nicht aus dem Leeren heraus. Alle seine Ausführungen sind wissenschaftlich nachgewiesen und anerkannt.

Die weltgrößte Studie über die Gefährdung durch Mobilfunkstationen wurde vom bayerischen Umweltministerium 1998 in Auftrag gegeben. Im November 2000 war sie fertig und belegt seitdem eindeutig die Schädlichkeit des Mobilfunks. Ein Zusammenhang zwischen Strahlung und dem Fehlverhalten wurde bei Rindern festgestellt. Der Mensch reagiert nachweislich bereits auf Strahlungsintensitäten, wie sie noch in mehreren Kilometern Entfernung von Sendeanlagen erreicht werden. So erklärt Fachtierarzt Dr. Christoph Wenzel: »Wir gehen mit einer gefährlichen Geschichte um. Unsere Ergebnisse sollten daher die Verantwortlichen in Politik und Industrie zu einer entschiedenen Reaktion veranlassen«.

Nichtigkeit der Grenzwerte

Durch die Pulsung ist die Mikrowellenstrahlung von Handys und Mobilfunksendern besonders gefährlich. Ein eingeschaltetes Handy ist ein Mobilfunksender, der direkt in den Kopf strahlt. Die derzeit gültigen Grenzwerte sind eine Täuschung für die Öffentlichkeit. Sie schützen lediglich vor Hitzestress. Professor Dr. Peter Semm, der jahrelang für die Deutsche Telekom forschte, stellte bereits 1995 fest, dass bei Bestrahlung mit gepulster Hochfrequenz (900 MHz) weit unterhalb der Grenzwerte 60 Prozent der Nervenzellen falsch reagieren. Professor Semm gab deshalb 1995 sein Handy weg und geht nach Möglichkeit von jeder Person, die mit einem Handy telefoniert, fünf Meter weg.

»Nichts ist unmöglich«

Schütz, der sich nicht grundsätzlich gegen mobiles Telefonieren wendet, fordert mit der Bürgerwelle eine neue und gesundheitsbewusstere Technik. »Dies sei sicher möglich und vielleicht sogar schon in der Schublade«, meint er. Bedenklich werde es dagegen, wenn in einem Baugebiet keine Verlegung von Telefonkabeln mehr vorgesehen sind. Dies ist im Nachbarlandkreis bereits einmal geschehen. Nachdenklich sollten auch die Verträge stimmen, die die vier Mobilfunkbetreiber zur Errichtung von Sendemasten anbieten. Rechte werden nur sehr einseitig angeboten. Wer ein Objekt zur Errichtung einer Anlage zur Verfügung stellt, wird mit einer einmaligen Summe abgefunden und hat für die Länge der Vertragsdauer keine Kündigungsmöglichkeit. Der Betreiber übernimmt keinerlei Verantwortung für Produkthaftung, die sich aus Folgeschäden ergeben können, kann aber jederzeit den Vertrag lösen. Das schriftliche und to-paktuelle Infopaket der Bürgerwelle verdeutlicht, dass der jetzige Zustand mehr als dramatisch einzustufen ist. »Wenn sich jedoch viele demokratiebewusste Bürger ihrer Verantwortung bewusst werden, kann sich durchaus etwas verändern,« betonte Schütz. Es ist bereits gelungen, mit Unterstützung der Bürgerwelle mehr als 200 Sendeanlagen zu verhindern und einige wiederum abzubauen. »Nicht nachgeben, es geht um die Gesundheit aller,« machte Schütz anhand von Erfahrungen den Anwesenden Mut. Die Informationen der Bürgerwelle können unter www.buergerwelle.de nachgelesen werden. Im Ostallgäu steht Renate Marek als Sprecherin der Mobilfunkinitiative, Tel. 08361/1214, besonders Landwirten zur Verfügung. P. Zwick

Allgäuer Bauernblatt 46/2001
www.buergerwelle.de