Beispiel für Pressearbeit vor Ort

Freies Wort vom 20. April 2002; Nachricht von Bernd Schreiner

 

Mobilfunkbasisstation in Westhausen in Betrieb / Einwohner befürchten Folgen

von Katja Semleit

 

Vor einem Jahr noch war es nicht zu ahnen. Doch jetzt ist es eine Tatsache:  Mitten in Westhausen steht eine Mobilfunkbasisstation. Mit 60 Watt Sendeleistung ist sie die stärkste der Umgebung. Und steht in direkter Nachbarschaft zum Kindergarten.

 

WESTHAUSEN - Alles fing im vergangenen Jahr an. Ganz plötzlich. „Arbeiter tauchten am Verwaltungsgebäude der ehemaligen LPG auf.“ Daran erinnert sich Bernd Schreiner noch ganz genau. Er ist Westhäuser. Wahl- Westhäuser. Ist mit seiner Frau und den drei Kindern ins Heldburger Unterland gezogen, weil er aufs Land wollte, um ungestört leben und arbeiten zu können. Ohne Lärm. Und ohne Mobilfunksender in direkter Nachbarschaft. Doch die Rechnung haben die Schreiners ohne den Wirt gemacht. Und nicht nur sie.

 

Erst wurde abgerissen und dann montiert. Neue Teile. Bernd Schreiner und andere wurden neugierig - gingen zu den Arbeitern und fragten nach. Und so kam die Wahrheit ans Tageslicht: Es wird eine Mobilfunkbasisstation gebaut. Nicht einmal die Gemeinde wusste zu diesem Zeitpunkt etwas. Erst, als die TEAG an die Tür im Gemeindeamt klopfte, weil ein Kabel über öffentlichen Grund gezogen werden musste, wurde es offiziell.

 

Brief an Kanzler Schröder bisher ohne Wirkung

 

Und dann gab's Fragen über Fragen. War die Anlage überhaupt genehmigt worden? „Für Antennenanlagen, die höher als zehn Meter sind, bedarf es einer Genehmigung. Und diese Antenne ist in 19,20 Metern Höhe montiert.“ Das weiß Bernd Schreiner. Vom Verwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen gebe es ein Urteil, das besagt, dass Basisstation und Antenne eine Einheit bilden. Das würde für Westhausen bedeuten, dass die Anlage genehmigungspflichtig wäre. Doch genehmigt wurde nichts. Und noch ein Punkt ist sehr fragwürdig: Auf einem Schornstein thront die Westhäuser Mobilfunk-Antenne. Es handele sich also zusätzlich um eine Fremdnutzung des Rauchableiters. Auch diese müsse im Normalfall das Bauamt abnicken. Eigentlich. Nichts geschah.

 

Um einen Normalfall handelt es sich bei der Mobilfunkbasisstation Westhausens also nicht. Das wurde den besorgten Bürgern bald klar. Bernd Schreiner wandte sich ans Bauamt des Landkreises. Doch von dort erhielt er nur unbefriedigende Auskünfte. Und deshalb graste er weiter nach.

 

In der Zwischenzeit hatte sich eine Bürgerinitiative in Westhausen formiert: www.stoppschild.de. „Es müssen wohl weit über 40 Bürger gewesen sein, die bei der ersten Zusammenkunft Mitte des vergangenen Jahres dabei gewesen sind, erinnert sich Bernd Schreiner. Es habe starke Proteste gegeben. Auch der Gemeinderat wurde unruhig. Und dann gingen erste Schreiben an den Betreiber. An die Mannesmann Mobil GmbH. Die blieben jedoch unbeantwortet.

 

Da mussten sich die Westhäuser also etwas anderes einfallen lassen. Und das taten sie. Es wurde ein Schreiben verfasst, gerichtet an Bundeskanzler Gerhard Schröder. Nicht nur die aktuelle Situation schilderte Bernd Schreiner in diesem Brief. Er stellte auch konkrete Forderungen. Wie zum Beispiel Sender im Bereich von Schulen und Kindergärten abzuschalten. Doch auch darauf erhielten die Westhäuser keine befriedigende Antwort.

 

In Spanien hat sich inzwischen die WHO eingeschaltet

 

Noch im vergangenen Jahr habe es zum Thema Mobilfunk eine Anhörung im Bundestag gegeben. Bernd Schreiner erzählt. Dabei seien die neuesten Erkenntnisse betreffs der veralteten Grenzwerte angesprochen worden. Der Vorschlag des Gremiums lautete damals: Die Grenzwerte müssen nach unten korrigiert werden. Doch der Bundeskanzler habe die Angelegenheit kurzerhand zur Chefsache erklärt, habe festgelegt, dass die Grenzwerte nicht verändert werden. Doch Auflagen für die Betreiber habe es gegeben. Sagt Schreiner. Beispielsweise die, dass Alternativstandorte gesucht werden müssen für Anlagen, die in der Nähe von Schulen oder Kindergärten geplant sind. Paradebeispiel Westhausen. Doch diese Anweisung sei in Westhausen einfach übergangen worden.

 

Bernd Schreiner hat sich in den vergangenen Jahren sehr intensiv mit Mobilfunk und seinen Auswirkungen auf die Gesundheit beschäftigt. Ergebnisse von zig Studien kennt er aus dem Effeff. Auch über die spanische Gemeinde Valladolid kann er viel erzählen. Schauergeschichten. Dort traten gehäuft Krebsfälle auf. Bei Kindern Leukämie, nachdem ein Mobilfunksender in Betrieb genommen wurde. Vermutet wird, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen den Erkrankungen und dem Sender gibt, der in direkter Nachbarschaft zur dortigen Grundschule steht. „Nun purzelt in Spanien ein Sender nach dem anderen, und eine Demo folgt der anderen“, sagt Bernd Schreiner. Inzwischen untersucht die Weltgesundheitsorganisation (WHO).

 

In Deutschland jedoch sehe es anders aus. Ganz anders. „Negativmeldungen werden vertuscht.“ Sagt der Westhäuser. Geld regiere den Staat. Die Wirtschaft dominiere, die Gesundheit der Menschen komme erst später. „Am Mobilfunk-Geschäft hängen nicht nur viele Arbeitsplätze, sondern auch viel Geld.“ Sachzwänge, nennt das Bernd Schreiner. Und dabei gebe es Möglichkeiten, schädigende Anlagen durch nicht-schädigende zu ersetzen. Nicht-gepulste Anlagen heiße eine mögliche Alternative.

 

Richtstrahl sendet Wellen genau auf den Kindergarten

 

Es sei eben diese gepulste Strahlung, die schädigt. So wird vermutet. Doch einen direkten Zusammenhang zwischen den Funkwellen und aufgetretenen Erkrankungen zu beweisen, wird so schnell nicht möglich sein. Dass sie jedoch gefährlich sein müssen, beweist schon die Tatsache, dass um den Sender in Westhausen ein Sicherheitsabstand von acht Metern eingehalten werden muss. Ein Witz, meint Bernd Schreiner. Er zieht die Stirn in Falten. „Acht Meter reichen nicht aus. Der Sender ist der stärkste der Region.“ Die Strahlung sei auch in hundert Metern Entfernung noch sehr intensiv und gefährlich. Nicht ohne Grund darf das Gelände nur mit Strahlenschutzanzug betreten werden.

 

Bernd Schreiner hat sich ein Messgerät besorgt und kontrolliert die Werte in und vor seinem Haus ständig. Sie sind bedenklich hoch. Bewegen sich in einem Bereich, der längst gesundheitsschädigend ist. Deshalb hat er sein Haus so gut es geht abgeschirmt. Die Räume, die zum Sender hin zeigen, sind nicht mehr bewohnt. Doch ein Dauerzustand ist das nicht. Er schüttelt den Kopf. – Seine Kinder besuchen auch den Kindergarten nicht mehr. Zu gefährlich - so sein Kommentar.

 

Während die Diskussion um den Sender immer weitergeführt wird, senden die vier Richtstrahler immer weiter. Einer ist südlich gerichtet, der zweite auf das Wohngebiet Kronberg/ Schlechtsarter Straße, der dritte zum Gleichberg und der vierte direkt auf den Kindergarten. Eltern und Kindergärtnerinnen sind in großer Sorge um die Gesundheit ihrer Kinder. »Wir haben Angst vor eventuellen Spätfolgen«, sagt Hildegard Hartmann. Sie ist die Leiterin des Westhäuser Kindergartens. Sie und ihre Kolleginnen finden das alles sehr, sehr empörend.

 

Kindergarten aufgehangen

 

Ein Plakat das eine deutliche Sprache spricht -  gegen die Mobilfunkanlage. Außerdem wird es im Namen aller Mitarbeiter eine Unterschriftensammlung geben. Ebenfalls gegen die Anlage. „Mehr können wir im Moment nicht tun.“ Das bedauert Hildegard Hartmann. Zusammenhalten müsse man, drüber reden und so viele Leute wie möglich auf den Missstand aufmerksam machen. Und das werden die Westhäuser tun. Ihnen bleibt ein Hoffnungsfunke. „Vielleicht können wir so erreichen, dass die Anlage wieder abgeschaltet wird.“ Ein bisschen Optimismus schwingt in Hildegard Hartmanns Stimme mit.

 

Für die Westhäuser ist es unverständlich, warum der Sender überhaupt gebaut werden musste. „Wir haben volle Netzabdeckung durch den Gleichbergsender.“ Doch Bernd Schreiner vermutet, den Hintergrund zu kennen. „Es gibt zu viele Handys.“

 

Beschwerden in allen Instanzen in nächster Zeit geplant

 

Darauf wird es die Bürgerinitiative www.stoppschild.de nicht beruhen lassen. Sie wird ihre Aktivitäten verstärken. Eine Anzeige über die Bauaufsicht ist geplant und dann wird es Beschwerden in allen Instanzen hageln. Bernd Schreiner selbst wird noch bis zur nächsten Bundestagswahl im September abwarten. Wenn sich bis dahin nichts geändert hat, dann wollen er und seine Familie Westhausen verlassen. Den Ort, den sie sich vor einigen Jahren bewusst als Wohnort ausgewählt hatten. Auch wegen der Kinder ...

 

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LESERBRIEF zu diesem Artikel

 

Wie lange sind unsere Kinder noch Versuchskaninchen?

 

Leserbrief zum Artikel  „Umstrittener Sender ist nur in Betrieb“,  Freies Wort vom 10. April.

 

Jetzt ist der Ernstfall eingetreten, die Mobilfunkstation sendet mitten im Ort, wenige Meter von den nächsten Wohnhäusern und vom Kindergarten entfernt ihre Strahlen,  Strahlen, über deren Langzeitwirkung niemand Genaues weiß.. Aber es gibt ernst zu nehmende Signale dafür, dass sie eine Gefahr darstellen.

 

Das Freie Wort berichtete bereits vor knapp einem Jahr (5. Mai 2001) über „wissenschaftliche Ergebnisse, Aussagen von renommierten Ärzten und Medizinphysikern“ über mögliche Gesundheitsgefährdungen, wovon eine „Förderung von Krebserkrankungen“ als eine Langzeitwirkung neben Schwächung des Immunsystems und  Schädigung des Erbgutes wohl zu den bedrohlichsten gehören mag.

 

Das Heimtückische daran ist, dass man diese Gefahr weder sehen, fühlen, riechen noch hören kann. Wenn man was merkt, ist es in der Regel zu spät. Diese bittere Erfahrung machengerade in diesen Tagen ehemalige Soldaten, die vor etwa zwanzig Jahren mit der Radar-Technik befasst waren - allerdings naturgemäß nur diejenige, die noch nicht an Krebs gestorben sind. Sie  können zwar jetzt nach Jahrzehnten die Langzeitfolgen nachweisen, doch ihre Gesundheit, ihr Leben ist ruiniert. Genügt das immer noch nicht um über mögliche Strahlenfolgen beizeiten nachzudenken ?

 

Nachdenklich stimmen sollte auch, was in der Hauptversammlung der Deutschen Telekom AG bereits am 29. März 2001 in Köln zutage kam. Da hieß es unter anderem in einem Gegenantrag zum Geschäftsbericht: „Begründung: schwer wiegendes Versagen bei der Kontrolle der Aktivitäten des Vorstandes ... bezüglich gesundheitlicher Schäden ... durch Mobilfunkstationen in Wohngebieten, obwohl Langzeitforschungsergebnisse ... Bundesumweltminister Trittin fehlen. Konkret werden da unter anderem die „Begünstigung/Auslösung von „...   Tinnitus, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Augenreizungen/Grauer Star“ und sogar „Kopftumor, Augenkrebs“, genannt.

 

Bedenkt man, dass sich so etwas nun bereits über ein Jahr und in vielen Fällen noch länger- hinzieht und sich die Mobilfunkunternehmen einfach darüber hinwegsetzen können, fragt man sich: Was wird hier gespielt ?

 

Für die Gemeinde Westhausen kommt noch erschwerend hinzu, dass bei der Mobilfunkbasisstation mit einer Sendeleistung von 60 Watt das übliche Maß um ein Vielfaches überschritten wird.

 

Aber das merkt ja niemand, zumindest nicht, bevor es zu spät ist. Und im übrigen muss das ja alles erst einmal bewiesen werden. - In zwanzig Jahren ?

 

HORST SIMON, WESTHAUSEN
www.buergerwelle.de