Betreff: Mobilfunkstrahlung: "Kinder nicht als Versuchskaninchen missbrauchen" |
Von: Pesché Jeannot |
Datum: Wed, 13 Sep 2006 12:10:11 +0200 |
OTS0149 5 CI 0799 NAW0001 Mi, 13.Sep 2006
Gesundheit/Ärzte/Umwelt/Medizin/Wien
Mobilfunkstrahlung: "Kinder nicht als Versuchskaninchen missbrauchen"
Utl.: Ärztekammer fordert Kennzeichnung von Handys mit
SAR-Werten -
Eindringlicher Appell an Politik und
Industrie =
Wien (OTS) - "Wenn wir Medikamente auf den Markt bringen,
untersuchen wir auch vorher ihre Evidenz. Mit dem Mobilfunk hingegen
verbreiten wir eine Technologie, deren Auswirkungen wir noch nicht
wirklich kennen und die wir erst genauer untersuchen müssen", warnte
gestern, Dienstag, Abend der Referent für Umweltmedizin der Ärztekammer
für Wien, Erik Huber, vor noch unbekannten möglichen Auswirkungen von
Handystrahlung auf den Menschen. Anlass war eine Podiumsdiskussion im
RadioKulturhaus, zu der die Wiener Ärztekammer geladen hatte. Thema:
"Telefonieren mit dem Handy: Wie gefährlich sind Mobilfunkstrahlen?"
Hubers Appell an die Verantwortlichen in Politik und Industrie: "Unsere
Kinder dürfen keine Versuchskaninchen sein!"
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen müsse absolute
Priorität haben, "denn Mobiltelefone sind in etwa so gefährlich wie ein
Sonnenbad". Kein Mensch würde heutzutage Kinder in die pralle Sonne
ohne Schutzmaßnahmen lassen. Dabei räumt Huber ein, dass Mobiltelefone
durchaus Sinn machten, sofern sie richtig eingesetzt würden. "Ich will
kein Handyverbot für Kinder", so Huber. Im Notfall würden Mobiltelefone
ihren Zweck erfüllen. Ihm gehe es vielmehr darum, Bewusstsein
hinsichtlich des möglichen Risikos zu schaffen:
"Wenn Sie zur Zigarette greifen oder Alkohol trinken, dann gehen Sie
bewusst ein Risiko ein. Wenn Sie das bei Ihren Kindern zulassen,
verletzen Sie Ihre Vorsorgepflicht." Ähnlich verhalte es sich, wenn man
Kindern uneingeschränkten Zugang zur Mobiltelefonie einräume, so Huber.
Der Umweltmediziner kritisierte, dass Kinder mittlerweile
die Hauptzielgruppe der Telekomindustrie seien. Laut Huber sollte die
Industrie jedoch ihr Geld lieber mit dem Festnetz verdienen, "denn dort
ist das Risiko einer Gesundheitsgefährdung praktisch null". In diesem
Sinne fordert Huber auch die Kennzeichnung von Handys mit SAR-Werten
sowie die Beilage der von der Ärztekammer herausgegebenen Leitlinien
("10 medizinische Handyregeln") beim Verkauf eines Handys. Außerdem
sollte die Industrie vermehrt Forschungsmittel bereitstellen, um die
Auswirkungen von Handystrahlen auf den Menschen zu erforschen. Damit
die Unabhängigkeit der Forschung gewährleistet bleibe, könnte man
beispielsweise die Akademie der Wissenschaften oder ähnliche Institute
mit der Durchführung von Studien beauftragen, so Huber.
Zwtl.: Handys nicht als Spielzeug verwenden
"Das Gesundheitsministerium hat im Dezember vorigen Jahres
klare Empfehlungen zum vernünftigen Umgang mit Mobiltelefonen
ausgesprochen. Weiters liegen Empfehlungen des Obersten Sanitätsrates
vor, die eine Minimierung der Exposition bei der Standortwahl von
Mobilfunksendeanlagen vorsehen", bestätigt auch Wolfgang Ecker vom
Gesundheitsministerium. Sein Ratschlag lautet daher: "Handys sollten
speziell von Kindern nicht als Spielzeug, sondern als modernes
Kommunikationsmittel gesehen werden, das vernünftig und unter
Vermeidung unnötiger Exposition verwendet werden sollte."
Auch Gerd Oberfeld, Umweltmedizin-Referent der
Österreichischen Ärztekammer, gibt zu bedenken: "Die Schädigung der DNA
(Erbsubstanz, Anm.) mit der Folge eines erhöhtes Tumorrisikos durch
Mobiltelefone ist auf allen wissenschaftlichen Nachweisebenen, von der
Zelle über den Tierversuch und nun auch durch Beobachtungsstudien am
Menschen, gegeben." "Aktuelle Daten aus Schweden zeigten ein dreifach
erhöhtes Hirntumorrisiko nach einer Handynutzungszeit von zehn Jahren".
Oberfeld: "Wir benötigen dringend eine entsprechende
Aufklärung der Bevölkerung, Mobiltelefone nur für wichtige und
dringende Gespräche zu verwenden." Zur Frage der gesundheitlichen
Auswirkungen von Mobilfunksendeanlagen (Handymasten) würden nunmehr
umweltepidemiologische Daten vorliegen, die einen klaren Zusammenhang
zwischen der hochfrequenten Strahlung und verschiedenen Symptomen, wie
etwa Kopfschmerzen oder Konzentrationsprobleme, unabhängig von
möglichen Befürchtungen zeigen, so Oberfeld. Der Umweltmediziner:
"Ich empfehle den Umbau der Mobilfunknetze auf technisch geringst
mögliche Belastungen sowie die Durchführung epidemiologischer
Untersuchungen für Symptome, Krebs und andere Erkrankungen."
Auf die Betroffenheit in der Bevölkerung und den
Aufklärungsbedarf vonseiten der Politik wies auch die Grüne Abgeordnete
Gabriela Moser hin: "Die Menschen haben ein Recht darauf, darüber
aufgeklärt zu werden, wenn beispielsweise ein Sendemast in ihrer
Wohnumgebung errichtet wird." Moser mangelt es hier "am entsprechenden
Willen einer politischen Mehrheit".
Zwtl.: Voreilige Warnungen seitens der Ärztekammer?
Aber auch kritische Stimmen gegenüber der von der Wiener
Ärztekammer ausgesprochenen Warnung vor einem unkontrollierten und
übermäßigem Gebrauch von Mobiltelefonen gab es an diesem Abend. So
zitierte etwa Uwe Möbius, Vertreter der deutschen
Forschungsgemeinschaft Funk, Studien wie beispielsweise jene von der
WHO, wonach bislang keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit
nachgewiesen werden konnten. Möbius warnte zudem davor, Tierexperimente
gedankenlos auf den Menschen zu übertragen. Erst wenn ein Versuch
mehrfach wiederholt werde, könne tatsächlich ein wissenschaftlicher
Beweis angenommen werden. "Sollte es hier wirklich Effekte geben, dann
müssen sie sehr gering sein", so Möbius. Andernfalls hätte man sie
"aufgrund des bisherigen Forschungsaufwands bereits längst finden
müssen".
Noch schärfere Kritik an die Ärztekammer richtete Ernst
Bonek von der TU Wien: "Das Plakat ("10 medizinische Handy-Regeln",
Anm.) strotzt nur so vor technischem Unsinn." Hier habe die
Qualitätssicherung der ärztlichen Standesvertretung vollkommen versagt.
Es würden Dinge in die Welt gesetzt, die so einfach nicht stimmten.
Hubers Replik auf Bonek: "Auch der Oberste Sanitätsrat hat
sich bereits in vielen Punkten den Warnungen der Ärztekammer
angeschlossen." So schlecht könne also die Linie der Ärztekammer nicht
sein. (kp)
Rückfragehinweis:
Ärztekammer für Wien - Pressestelle
Mag. Kristin Posch
Tel.: (++43-1) 51501/1223
Fax: (++43-1) 51501/1289
mailto:posch@aekwien.at
www.aekwien.at
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