Mobilfunk&Eigentum

Rechtsanwalt Prof. Dr. jur. Klaus Kniep (Heilbronn)[1]

 

Vorbemerkung

 

Während in Deutschland bereits 1985 das sogenannte C-Netz eingeführt wurde, nahmen die digitalen Mobilfunknetze erst ab Ende 1992 den Betrieb auf und wurden seitdem kontinuierlich ausgebaut. Ein Netz von mehr als 50.000 Basisstationen sorgt heute dafür, dass (laut Mobilfunkbetreiber) weit mehr als 80 % der Fläche der Bundesrepublik Deutschland versorgt sind, d. h. von dort aus mobiles Telefonieren möglich ist.

 

Mit der Ersteigerung der UMTS-Lizenzen für rund 100 Milliarden DM durch die sechs Netzbetreiber wird in der Bundesrepublik eine neue Mobilfunkgeneration eingeleitet. Parallel dazu wird es notwendig sein, dass die Zahl der bereits vorhandenen Mobilfunkantennen wesentlich zu vergrößern. Experten gehen davon aus, dass eine Zahl 140.000 bis 160.000 Mobilfunkantennen in den nächsten Jahren in der Bundesrepublik Deutschland vorhanden sein werden.

 

Üblicherweise arbeitet eine Mobilfunkbasisstation im digitalen Netz mit 4 Trägerfrequenzen, die jeweils in 8 Zeitschlitze eingeteilt werden. Auf einer dieser Trägerfrequenzen wird praktisch kontinuierlich gesendet. Dieser Kanal wird auch BCCH (Broadcast Control Channel) genannt und dient dem Aufbau von Gesprächsverbindungen. Auf den anderen 7 Zeitschlitzen des BCCH können gleichzeitig bis zu 7 Telefongespräche abgewickelt werden. Sogenannte Non-BCCH sind Trägerfrequenzen für ausschließlich Telefongespräche und können über die 8 Zeitschlitze jeweils 8 Gespräche gleichzeitig abwickeln. Je nach Anzahl der Trägerfrequenzen sind die Basisstationen, also für 7 bis 31 simultane Telefongespräche konzipiert. Der Unterschied zwischen BCCH und Non-BCCH-Kanälen ist vor allem, dass während auf dem BCCH durchgängig mit voller Leistung gesendet wird, die Non-BCCH je nach Auslastung sehr unterschiedlich aktiv sind. Diese Aktivität hängt nicht nur von der Anzahl der gleichzeitigen Gespräche ab (bei gleichzeitig 7 Gesprächen oder nicht weniger sind die Non-BCCH-Kanäle also überhaupt nicht aktiv), sondern auch von der Qualität des Einzelgesprächs. Besteht zwischen dem Handy und der Basisstation eine sehr gute Verbindung, so findet eine Leistungsadaption statt und sowohl Handy als auch Basisstation senden mit geringerer Leistung; besteht eine schlechte Verbindung, so ist die Leistung höher. Dies führt dazu, dass die Sendeleistung einer Basisstation kurzzeitigen, starken Schwankungen unterworfen ist.

 

Ferner kann ein typisches Tagesprofil vermutet werden, da zu verschiedenen Tageszeiten unterschiedlich häufig telefoniert wird. Insbesondere während der Nacht sind Basisstationen weniger ausgelastet und damit die Sendeleistung geringer als Tagsüber. Die maximale Sendeleistung pro Trägerfrequenz liegt in der Regel bei 4 bis 10 W und hängt von der Größe und dem Charakter des zu versorgenden Gebietes ab. Theoretisch ist demnach an einem Standort für Mobilfunkbasisstationen, an dem mehrere verschiedene Basisstationen mit jeweils 4 Trägerkanälen installiert sind, eine Gesamtsendeleistung von 100 W denkbar.

 

 

Beteiligung der Kommunen

 

Während in den vergangenen Jahren die Mobilfunkbetreiber hauptsächlich nur mit den Eigentümern von Grundstücken/Gebäuden in Kontakt traten und entsprechende Verträge abgeschlossen haben, wurde vor einiger Zeit zwischen den 6 Mobilfunkbetreibern und den kommunalen Spitzenverbänden eine Vereinbarung unterzeichnet, um neue Senderstandorte einvernehmlich mit den Kommunen zu realisieren. Damit soll die notwendige Infrastruktur möglichst konfliktfreier ausgebaut werden können. Diese Vereinbarung gilt jedoch nur für neue Standorte.

 

Immissionsschutz

 

In den vergangenen Jahren hat sich zunehmender Widerstand in der Bevölkerung gegen den Mobilfunk formiert. Das Thema gerät immer häufiger in die Diskussion, zahlreiche Bürgerinitiativen haben sich gebildet. Es sind vor allem die große Anzahl von Antennen, die kritisiert werden. Immer mehr Anwohner fühlen sich deshalb in ihrer Gesundheit beeinträchtigt. Zwar hat die Verordnung über elektromagnetische Felder (26. BImSchV) vom 16.12.1996 (BGBl I, Seite 196) Immissionsgrenzwerte für die elektrische und magnetische Feldstärke festgelegt. Diese Grenzwerte sollen dem Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen dienen und somit auch vor Gesundheitsgefahren schützen. Die Grenzwerte beruhen auf einer Empfehlung der ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection) einem internationalen Gremium, welches wissenschaftliche Studien bewertet und sich mit der möglichen Einwirkung von elektromagnetischen Feldern auf den Körper auseinandersetzt. Die ICNIRP unterscheidet bei ihren Grenzwertempfehlungen zwischen der Exposition am Arbeitsplatz und der Exposition der breiten Öffentlichkeit.

 

Der Grund ist, dass bei den Empfehlungen für die Allgemeinbevölkerung ein Sicherheitsfaktor eingerechnet wurde, da es in der Allgemeinbevölkerung Personengruppen gibt, die empfindlicher gegenüber aller elektromagnetischen Felder sein können (z. B. Säuglinge, Kranke). Derzeit gibt es in einigen Ländern Abweichungen von diesen Empfehlungen. So bleibt beispielsweise Italien und die Schweiz in den nationalen Bestimmungen unter den ICNIRP-Grenzwerten. Für diese Länder stellt die Herabsenkung der Grenzwerte eine Umsetzung des Vorsichtsgedanken dar. Das trägt dem Umstand Rechnung, dass bezüglich der Wirkungen elektromagnetischer Felder noch ein sehr großer Forschungsbedarf besteht. Gegenwärtig wird im übrigen im Bundesumweltministerium über eine Absenkung der Grenzwerte um einen weiteren Sicherheitsfaktor nachgedacht.

 

Der Deutsche Ärztetag hat ebenfalls im vergangenen Jahr auf die möglichen Auswirkungen elektromagnetischer Felder hingewiesen. Auch beschäftigt sich die Deutsche Strahlschutzkommission auf Initiative des Bundesumweltministeriums damit, ob die jetzigen Grenzwerte noch tragbar sind.

 

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die biologischen Wirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder vor allem in ihren thermischen Effekten besteht – also die Zuführung von Wärme. Hochfrequente elektromagnetische Felder können Erwärmungen des Körpers bis hin zu Verbrennungen verursachen. Solche Schädigungen thermischer Effekte sind bei der Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV ausgeschlossen.

 

Ob darüber hinaus a-thermische Effekte auftreten, die gesundheitlich relevant sind, konnte die Wissenschaft bislang nicht eindeutig klären. Fest steht auf jeden Fall, dass in der 26. BImSchV diese a-thermischen Effekte bislang nicht aufgeführt sind.

 

 

Bauplanungsrecht[2]

 

Nach geltendem Recht dürfte eine Mobilfunkanlage als Vorhaben im Sinne des 29 ff BauGB anzusehen sein. Für die Zulässigkeit von Vorhaben ist demnach entscheidend, ob auf einem Gemeindegebiet durch Bebauungsplan die Errichtung und der Betrieb derartiger Mobilfunkbasisstationen generell ausgeschlossen ist. Dabei sind wir der Meinung, dass es unzulässig wäre, wenn für das gesamte Gemeindegebiet ein genereller Ausschluss von Mobilfunkanlagen festgesetzt werden würde, ohne dass gleichzeitig eine positive Ausweisung geeigneter Standorte erfolgt.

 

Nach einer Entscheidung des Baden-Württembergischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25.08.1997[3] sind Mobilfunkanlagen privilegierte Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB; dies bedeutet, dass sie grundsätzlich im Außenbereich[4] zulässig sind, wenn nicht öffentliche Belange entgegenstehen und eine ausreichende Erschließung vorhanden ist. Dabei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass seinerzeit bei der Festlegung dieser Ausnahmeregelungen in §§ 35 Abs. 1 BauGB davon ausgegangen wurde, dass das Fernmeldewesen von einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts betrieben wird, wohingegen nunmehr seit einiger Zeit das Fernmeldewesen in das Eigentum von privatrechtlich organisierten Gesellschaften übergegangen ist. Notwendigerweise muss dies dazu führen, auf diesen Sektor die seinerzeitige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu überdenken. Die Privilegierung des § 35 Abs. 1 BauGB ist unseres Erachtens nur dann noch zu vertreten, wenn insgesamt die öffentliche Versorgung in Frage gestellt ist. Seit einiger Zeit ist jedoch in der Bundesrepublik neben dem privilegierten Festnetz noch ein Mobilfunknetz vorhanden. Zwar wird in der Literatur die Meinung vertreten, dass es bei der Qualifizierung als öffentliche Versorgung weder auf die Rechtsform, noch auf die Eigentumsverhältnisse ankommt[5]. Entscheidend soll nur sein, ob die Leistungen der jeweiligen Einrichtung auch der Allgemeinheit dienen. Diese Privilegierung ist jedoch unseres Erachtens nicht mehr vertretbar, wenn sie lediglich dazu dient, einen beschränkten Kreis von Versorgern Baurechte zuzubilligen. Die Ortsgebundenheit gewerblicher Betriebe, die von dem Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang gefordert wird, ist bei Mobilfunkanlagen unseres Erachtens nicht mehr gegeben.

 

Bezüglich der Ansiedlung von Mobilfunkstationen in dem Geltungsbereich von Bebauungsplänen ist zunächst darauf zu achten, welche Art von Ausweisung das fragliche Gebiet hat. Insbesondere sind wir der Meinung, dass Mobilfunkanlagen im reinen Wohngebiet (WR) und im allgemeinen Wohngebiet (WA) nur aufgrund von Befreiungen nach § 31 Abs. 2 BauGB bzw. als Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO möglich sind.

 

Was anderes muss gelten, wenn eine derartige Anlage in einem besonderen Wohngebiet (WB), in einem Dorfgebiet (MD), in einem Mischgebiet (MI), in einem Kerngebiet (MK), in einem Gewerbegebiet (GE) oder in einem Industriegebiet (GI) errichtet werden soll. Unter Beachtung der Baunutzungsverordnung 1990 sind in diesem Gebiet Mobilfunkbasisstationen grundsätzlich zulässig, es sei denn, der örtliche Satzungsgeber hat es unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 5 bestimmt, wonach bestimmte Arten von Nutzungen nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können. Ein derartiger Ausschluss ist jedoch möglich, wenn dies aus besonderen städtebaulichen Gründen gerechtfertigt ist (z. B. „Antennenfriedhof“).

 

 

 

Ergänzend muss noch darauf hingewiesen werden, dass bei Ansiedlung von Mobilfunkbasisstationen in reinen und allgemeinen Wohngebieten das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 BauGB notwendig ist; dies ist bei den anderen oben erwähnten Gebieten (z. B. WD, MI oder MK) nicht erforderlich.

 

Von besonderer Bedeutung ist jedoch, ob Mobilfunkanlagen im sogenannten unbeplanten Innenbereich nach § 34 Abs. 1 BauGB zulässig sind. Die Vorgabe ist, dass diese Mobilfunkanlagen sich in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen müssen, wobei bei Anwendung des § 34 Abs. 2 BauGB der Prüfungsmaßstab im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans wäre.

 

Mit anderen Worten: im unbeplanten Innenbereich ist meistens die Ansiedlung derartiger Mobilfunkanlagen möglich, da sie sich in der Regel in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen, wenn sie eine bestimmte Höhe nicht überschreiten.

 

Sofern die Mobilfunkanlagen genehmigungspflichtig sind, kann der örtliche Satzungsgeber durch eine Veränderungssperre sehr wohl die Ansiedlung verhindern, um möglicherweise durch neue Bebauungspläne an bestimmten Standorten (z. B. in der Nähe von Schulen, Krankenhäusern, Kindergärten) derartige Mobilfunkstationen auszuschließen.

 

 

Baugenehmigungsrecht

 

Von weiterer Bedeutung ist der Umstand, ob es sich bei Mobilfunkanlagen um sogenannte verfahrensfreie Vorhaben im Sinne der jeweiligen Landesbauordnung handelt. So hat beispielsweise die Baden- Württembergische Landesbauordnung verfügt, dass bauliche Anlagen, die dem Fernmeldewesen dienen, bis 30 m² Grundfläche und 5 m Höhe (ausgenommen Gebäude) verfahrensfrei sind[6] (vgl. hierzu § 50 Anm. 26). Weiter ist darauf hinzuweisen, dass nach § 50 Anm. 30 LBO Baden-Württemberg Antennenanlagen bis 10 m ebenfalls verfahrensfrei sind. Dabei gehören zu Fernmeldeanlagen auch sogenannte elektrische Sendeeinrichtungen und elektrische Empfangseinrichtungen.

 

Die Anbringung von 3 Antennen auf dem Flachdach eines Wohngebäudes und die Umwandlung eines Wäschetrockenraumes im Kellergeschoss in einem Betriebsraum ist auf jeden Fall eine Nutzungsänderung im Sinne des § 50 Abs. 2 LBO. Durch die Errichtung der Mobilfunkstation wird eine neue gewerbliche Nutzung von außen an das Wohngebäude herangetragen.

 

Diese Nutzungsänderung ist nicht verfahrensfrei, weil für die neue Nutzung weitergehende Anforderungen gelten müssen. Darüber hinaus ist gerade auch die brandschutzrechtliche Anforderung in diesem Zusammenhang zu beachten[7]. Der Ansicht von Sauter, wonach ein fast 10 m hoher Sendemast und ein durch eine Kabelbrücke mit ihm verbundenes Betriebsgebäude, die auf einem talseitig ca. 1,60 m hohen Betonsockel stehen, nicht in 3 rechtlich gesondert zu würdigende Teile aufgespalten werden können, die dann jeder für sich genommen verfahrensfrei wären, dürfte zutreffend sein. Diese sind vielmehr als Anlage im Sinne des § 26 des Anhangs, die dem Fernmeldwesen dienen, anzusehen, so dass die hierfür vorgesehenen Begrenzungen gelten[8].

 

 

 

Entschieden widersprochen werden muss der Ansicht, welche gegenwärtig von bestimmten Verwaltungsbehörden vertreten wird, wonach es bei der Beurteilung einer Anlage auch auf die optische Wirkung ankommt. Die Vorgabe in den entsprechenden Landesbauordnungen ist klar. Es werden hier die absoluten Größenwerten zu beurteilen sein und es kommt nicht auf eine Gesamtbetrachtung aller Anlagenteile an. Sicherlich ist es richtig, dass bei der Beurteilung einer Antennenanlage die Höhe des Gebäudes, auf dem die Antennenanlage angebracht werden soll, nicht Berücksichtigung finden darf.

 

Von besonderer Bedeutung bei der Baugenehmigung ist auch die Beteiligung der Angrenzer. Kein Problem dürfte es sein, wenn die Anlage auf einem unmittelbar angrenzenden Grundstück angebracht werden soll und genehmigungspflichtig ist. Hier sind die Anlieger als Angrenzer stets zu hören. Im Rahmen dieser Anhörung haben sie dann auch die Möglichkeit Einwendungen zu erheben, über die dann die Genehmigungsbehörde und gegebenenfalls das Regierungspräsidium oder die Verwaltungsgerichte zu entscheiden haben[9].

 

Dabei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass gerade die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in den vergangenen Jahren relativ restriktiv die Rechte der Anlieger aufgezeigt hat. In diesem Zusammenhang ist jedoch auch eine Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16.03.2001[10] von Bedeutung, wonach gegen eine Sendeanlage ein Bürgerbegehren zulässig ist. Unabhängig davon stehen jedoch auch den beteiligten Nachbarn Petitionen im Sinne des Petitionsrechts nach der jeweiligen Landesverfassung (vgl. Artikel 2 Baden-Württembergische Verfassung in Verbindung mit Artikel 17 GG) zu. Gegebenenfalls hat die Baugenehmigungsbehörde auch die Möglichkeit, neben der Anordnung einer Veränderungssperre nach § 14 BauGB ein entsprechendes Baugesuch nach § 15 BauGB zurückzustellen. Leider sind dem Unterzeichner dazu bislang keine entsprechenden Beispiele bekannt.

 

Weiter ist darauf hinzuweisen, dass der Betreiber einer Mobilfunkanlage unabhängig von der Frage der baurechtlichen Genehmigung die Anlage mindestens 2 Wochen vor der Inbetriebnahme dem zuständigen Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt anzuzeigen hat (vgl. § 7 der 26. BImSchV). Der Anzeige ist die von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) nach telekommunikationsrechtlichen Vorschriften zu erstellende Standortbescheinigung beizufügen.

 

Dabei ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Bescheinigung in der Regel erteilt wird, zumal die Betreiber nur die sogenannten thermischen Werte anzugeben haben, jedoch nicht die bislang in der Wissenschaft immer noch umstrittenen a-thermischen Werte.

 

 

Mobilfunk und Mietrecht[11]

 

Aus der Sicht des Vermieters ist bei Mietverhältnissen über Standorte für Mobilfunkbasisstationen zunächst die genaue Bezeichnung des Mietobjektes wichtig. Dazu gehört u. a. Lage des Grundstücks oder Gebäudes (z. B. Flurstück-Nr.) Nutzfläche im Gebäude (z. B. Geschoss, Nutzfläche in m²), Angaben zur Höhe des Mastes, Sendeleistung, Gewicht usw.[12]. Letzteres ist besonders wichtig, damit der Vermieter bei einer Änderung oder Erweiterung der Sendeleistung die Möglichkeit der Kündigung des Vertrages hat; insbesondere sollte der Vermieter grundsätzlich keine Klausel akzeptieren, wonach der Mieter – ohne die Zustimmung des Vermieters – eine Anpassung an den jeweiligen Standort der Technik durchführen kann.

 

Von besonderer Bedeutung ist auch die Dauer des Vertrages und ein eventueller Rückbau der Anlage. Der Vermieter sollte eine unbestimmte Vertragslaufzeit ohne kurze Kündigungsfrist nicht akzeptieren. Im Hinblick auf die Höhe der Investitionen neigen die Mieter zu einer längeren Mietzeit (z. B. 20 Jahre). Wegen der laufenden technischen Entwicklung sollte der Vermieter die grundsätzlichen Laufzeiten von 5 bis 10 Jahren akzeptieren. Auch sollte der Vermieter den Mieter zum Rückbau der gesamten Anlage nach Vertragsende vertraglich verpflichten; über etwaige Baukostenzuschüsse sollte auf jeden Fall im Rahmen der Errichtung oder Veränderung der Anlage vertragliche Aussagen getroffen werden. Finanzierungsbeiträge als anrechenbare Baukostenzuschüsse sollten aus Vermietersicht grundsätzlich nicht vereinbart werden.

 

Wegen der Mietzinsregelung sollte der Vermieter zunächst auf monatliche oder jährliche Zahlungen bestehen mit entsprechender Mietindexanpassung. Einmalige Zahlungen erscheinen aus unserer Sicht nicht geeignet zu sein. Daneben hat der Vermieter auch die Möglichkeit der Umlage von sogenannten Nebenkosten unter Bezugnahme auf Anlage 3 zu § 27 II der II. Berechnungsverordnung.

 

Von besonderer Bedeutung beim Abschluss von Mietverträgen ist die Haftungsverteilung. Dabei wird empfohlen, eine Vereinbarung dahingehend zu treffen, dass dem Mieter nur dann Schadensersatzansprüche zustehen, wenn der Vermieter den Mangel vorsätzlich oder fahrlässig zu vertreten hat. Der Vermieter sollte jedoch besonders darauf achten, dass er von der Haftung von Schäden Dritter, die diese durch die Errichtung oder Betrieb einer Sendeanlage erleiden, freigestellt wird. Gerade die öffentliche Diskussion in den letzten Monaten zeigte, dass durchaus auch bei dem Betrieb und Errichtung von Mobilfunkanlagen im Rahmen der 26. BImSchVO mit Schadensersatzansprüchen gerechnet werden muss, da diese Anlage die thermische Effekte, nicht jedoch a-thermische Werte enthalten.

 

Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund der erst vor kurzem durch das Umweltministerium in Auftrag gegebenen Studien erst bis zum Jahre 2005 mit der Folge entsprechender Gutachten gerechnet werden kann. Dabei stellt sich die berechtigte Frage, ob die Genehmigungsbehörde unter Anwendung des Vorsorgegedankens in Artikel 20 a GG und der entsprechenden Bestimmungen im EG-Vertrag nicht verpflichtet ist, mehr als bisher die Auswirkungen zu prüfen. Aus Auswirkung wird gegenwärtig u. a. Krebst, Schlafstörungen, Kreislaufbeschwerden, Immunschwäche und dergleichen genannt. Aus der Sicht des Vermieters bedeutet dies aber, dass er vertraglich beim Abschluss des Vertrages nur die Einhaltung der bekannten Grenzwerte vom Mieter verlangen muss. Der Mieter sollte sich auf jeden Fall grundsätzlich verpflichten, den Vermieter von der Haftung für möglichen Ansprüchen Dritter freizustellen. Der Ansicht von Lindner/Figura/Hartl a. a. O., wonach Mieter diese Freistellung nicht akzeptieren sollten, muss entschieden widersprochen werden, zumal bereits jetzt wissenschaftliche Aussagen über die Problematik derartiger Anlagen vorliegen.

 

Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist der Betreiber der Anlage verpflichtet, die Mietsache zurückzugeben - und falls nichts anderes festgelegt - in dem Zustand, in dem sich die Mietsache bei Vertragsbeginn befand (z. B. Entfernung des Mastes, Renovierung der Mieträume). Neben den vertraglichen Kündigungsmöglichen (z. B. Ablauf der Frist) sollte sich der Vermieter ein außerordentliches Kündigungsrecht vertraglich festschreiben lassen, für den Fall, dass z. B. der Gesetzgeber die Grenzwerte der 26. VO verändert oder wenn dem Vermieter/Mieter nachgewiesen wird, dass durch die Anlage Gesundheitsgefährdungen für den Vermieter oder die Mieter im Gebäude oder in der unmittelbaren Nähe des Gebäudes eintreten.

Selbstverständlich sollte der Vermieter vor dem Abschluss des Mietvertrages durch den Mieter den Abschluss ausreichender Personen- und Sachschadenversicherungen verlangen. Hinsichtlich etwaiger baurechtlicher Auflagen sollte die Verpflichtung enthalten sein, dass dafür der Mieter zuständig ist. Eine Untervermietung, auch wenn es sich nur um eine firmenrechtliche Umfirmierung handelt, sollte auf jeden Fall von der vorherigen Zustimmung des Vermieters abhängig gemacht werden.

 

Ob und in welchem Umfang ein Mieter Einwirkungen durch elektromagnetische Strahlungen (Elektrosmog) hinnehmen muss, beurteilt sich nach den mietrechtlichen Regeln des Gewährleistungsrechtes. Will beispielsweise ein Mieter wegen der ihm belastenden Strahlung eine Wohnung kündigen, die Miete mindern oder Schadenersatz verlangen, so setzt dies einen Mangel der Mietsache voraus.

 

Die Wohnung muss also mit anderen Worten wegen dieser Strahlungen einen Fehler aufweisen, der die Tauglichkeit der Mietsache mindert oder gar aufhebt. Abzustellen ist in diesem Fall hauptsächlich auf den vereinbarten Mietzweck. Dabei wird der Fehlerbegriff im Sinne der §§ 536 ff n. F. BGB weit auszulegen sein und erstreckt sich nicht nur auf den Zustand der Mietsache selbst, sondern auch auf alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse. Sind deshalb Wohnräume so mangelhaft, dass sie sich in einem gesundheitsgefährdenden Zustand befinden, so dürften wohl Kündigungsmöglichkeiten bestehen. Besonders bedeutsam in diesem Zusammenhang ist eine Entscheidung des Amtsgerichts München, die hier eine Kündigungsmöglichkeit wegen Elektrosmog zulässt[13].

 

 

Mobilfunk und Versicherungsschutz

 

Von besonderer Bedeutung ist auch die Frage, ob bei etwaigen Rechtsstreitigkeiten, sei es auf dem Gebiet des Baurechts, auf dem Gebiet des Nachbarrechts oder anderer Rechtsbereiche im Rahmen der Ansiedlung von Mobilfunkanlagen die Rechtsschutzversicherungen etwaige Streitigkeiten in den Kostenschutz einbeziehen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass in der Regel die Streitwerte relativ hoch liegen. Bei etwaigen Rechtsstreitigkeiten ist deshalb auf jeden Fall anzuraten, vorher bei der entsprechenden Versicherungsgesellschaft nachzufragen, ob Rechtsschutz gewährt wird und in welchem Umfang. Nicht alle Rechtsschutzversicherungen gewähren in derartigen Fällen Versicherungsschutz. Hinzu kommt, dass auf jeden Fall die entsprechenden Karenzzeiten eingehalten werden müssen.

 

Inwieweit durch die Ansiedlung von Mobilfunkanlagen und der Abschluss von Mietverträgen sich auch auf die Umsatzsteuerpflicht[14], die Gewerbesteuer[15] und einer Mitgliedschaft bei einer IHK[16] auswirkt, soll an dieser Stelle nicht untersucht werden. Dies soll einer besonderen Darstellung vorbehalten werden. Insbesondere stellt sich dann auch die Frage, ob bei Bejahung einer Gewerbesteuer nicht im Hinblick auf die gewerblichen Leistungen, die sicherlich die Vermietung einer Mobilfunkbasisstation darstellt, eine Einschränkung der Gemeinnützigkeit von Religionsgesellschaften zur Folge haben wird, muss ebenfalls in dieser angekündigten Abhandlung anzusprechen sein.

 

 

[1] Dazu Kniep in Haus & Grund Württemberg 2001, Heft IX, S. 9 f.

[2] Vgl. dazu VG Düsseldorf, Az. 9 L 1021/01 und Hessischer VGH, Beschluss vom 19.12.2000 in GewArch 2001, S. 261.

Mit Anmerkung Kniep in GewArch 2001, S. 390.

[3] Vgl. dazu VBlBW 1998, S. 144 f.

[4] Vgl. zum Rücksichtnahmegebot bei Stahlgittermasten im Außenbereich OVG NRW in BauR 2001, S. 232 f.

[5] Vgl. hierzu Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Kommentar BauGB, § 35 Anm. 52

[6] Vgl. hierzu § 50 Anm. 26 LBO Baden-Württemberg.

[7] Vgl. hierzu Sauter, Kommentar Landesbauordnung Baden-Württemberg, § 50 Anm. 98.

[8] Vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.04.1998, Az. 8 S 2713/97.

[9] Vgl. hierzu Niedersächsisches OVG in BauR 2001, S. 1250 f, bezüglich der Bewilligung von Prozesskostenhilfe in diesem Fall

[10] GewA 2001, S. 390 f.

[11] Vgl. dazu Lindner/Figura/Hartl, Vermietung von Standorten für Mobilfunkbasisstationen in NZM 2001, S. 401 ff. Eisenschmidt in WUM 1997, S. 21 ff.

[12] Gegebenenfalls mit Zeichnungen

[13] Vgl. hierzu AG München in WuM 1999, S. 111.

[14] Vgl. §§ 1 Nr. 1 UStG, 4 Nr. 12 a UStG, 9 UStG; eventuell Berechtung zum Vorsteuerabzug nach § 15 UStG.

[15] Vgl. § 2 GewStG.

[16] Vgl. § 3 II, III, IV IHK-Gesetz i. d. F. vom 23.07.1998.

 

http://www.kanzlei-heilbronn.de/content/publikationen/Mobil2.htm

www.buergerwelle.de