Jugendmediziner warnen vor Mobilfunk!

Deutsche Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin e.V.

Nutzung von Mobiltelefonen

Die Umweltkommission der Deutschen Akademie für Kinderheilkunde und Jugendmedizin e.V. erklärt:

Mobilfunk und Elektromagnetische Felder

Da in Embryonal- und Fetalzeit und in der Kindheit besondere Gesundheitsrisiken bestehen, ist es angemessen und notwendig, dass Kinder- und Jugendärzte sich zu dem Thema der Belastungen durch mobilfunkbedingte elektromagnetische Felder äußern, damit ratsuchende Eltern kompetent beraten werden können.

1. Grundlagen

Die schnelle Ausweitung moderner Telekommunikationstechniken, insbesondere des Mobilfunks, bringt unübersehbare Vorteile; gleichzeitig sind mögliche Risiken durch die vom Mobilfunk ausgehenden elektromagnetischen Felder zu bedenken, und es sind die Befürchtungen zu berücksichtigen, die dadurch bei vielen Menschen hervorgerufen werden.

Die technischen Hintergründe sind anderenorts (1,2,6-9,11,14) ausführlich dargestellt. Hier ist anzumerken, dass es gut definierte, dosisabhängige thermische Effekte gibt, die nach Einrechnung von Unsicherheitsfaktoren als Ausgangspunkt für die Festlegung von Grenzwerten (4500 mW/m2 für das D-Netz, 9000 mW/m2 für das E-Netz) benutzt werden, etwa von der ICNIRP (2,3 ) und von der Weltgesundheitsorganisation (4, 5).

Zudem gibt es nicht-thermische, gleichwohl messbare Effekte auf biologische Funktionen auch schon bei wesentlich niedrigeren Feldintensitäten. Diskutiert werden Veränderungen von Membran-, Rezeptor- und Chromosomeneigenschaften, von Signalübertragung, Gehirntätigkeit, Reaktionszeiten, Schlafmustern und Befindlichkeit und die Möglichkeit einer Malignomentstehung und Tumorpromotion (6-9).

Bisher ist nicht aufgezeigt, dass solche Effekte krankmachend sind. Es muss aber eingeräumt werden, dass solches auch nicht ausgeschlossen werden kann und dass erheblicher Forschungsbedarf besteht (9). Derzeit werden verschieden groß angelegte Forschungsprogramme der WHO, der ICNIRP, der IARC durchgeführt; mit Abschlussberichten ist in den Jahren 2003 und 2004 zu rechnen (10).

2. Empfehlungen

Nutzung von Mobiltelefonen

Bei der Benutzung von Mobiltelefonen handelt sich um freiwillig eingegangene Risiken; es steht jedem frei, auf den Gebrauch von Mobiltelefonen weitgehend oder ganz zu verzichten.

Folgende Empfehlungen sind dabei zu beachten:

  • Die Sprechzeiten sollen so kurz wie möglich gehalten werden.
  • Kinder und Jugendliche brauchen nur in sehr seltenen Ausnahmesituationen Mobiltelefone für wichtige Telekommunikation. Von unnötiger, häufiger und langer Benutzung muss dringend abgeraten werden.
  • In Kraftfahrzeugen ohne Außenantenne sollen Mobiltelefone nicht verwendet werden, da unter dieser Bedingung besonders hohe Energiedichten emittiert werden.
  • Es gilt zudem, dass bei der Benutzung von Mobiltelefonen während des Führen eines Kraftfahrzeuges oder Fahrrades die Unfallgefährdung sehr viel größer ist als die Beeinträchtigung durch die elektromagnetischen Felder (11); ein neuer Gesetzentwurf (12) geht bereits darauf ein.
  • Die Hersteller oder Netzbetreiber sollen verpflichtet werden, Angaben zur Emission auf den Geräten anzubringen.
Betrieb von Basisstationen

Bei der Belastung durch Ausstrahlungen von Sendemasten ist zu bedenken:

  • Es handelt sich um unfreiwillig eingegangene Risiken.
  • Es handelt sich um dauerhafte Belastungen.
  • Es sind sehr viele Menschen betroffen. Der Multiplikator ist entsprechend groß, so dass auch kleine Risiken stärker gewichtet werden müssen.

Demzufolge ist es im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes für die Bevölkerung unumgänglich, sich an dem Minimierungsprinzip bzw. dem ALARA-Prinzip (as low as reasonable achievable) zu orientieren.

Der bislang gültige Grenzwert (Verordnung über elektromagnetische Felder 26.BImSchV, gültig seit 1.1.97 (13)) orientiert sich an den thermischen Effekten von elektromagnetischen Feldern. Die bei viel niedrigeren Energiedichten auftretenden biologischen Effekte werden dabei nicht berücksichtigt.

Der "Salzburger" Vorsorgewert (14) mit einer nicht zu überschreitenden Leistungsflussdichte von 1 mW/m2 in der Wohnung des nächsten Nachbarn einer Basisstation ist wissenschaftlich nicht begründet.
(Zum Vergleich: Leistungsflussdichte bei einem Handytelefonat bis zu 200.000 mW/m2).
Er entspräche der Forderung nach einem außerordentlich vorsichtigen Umgang mit dem Mobilfunk und ließe sich mit der derzeit verfügbaren Technik zumeist umsetzen.

Die frühzeitige rechtliche und planerische Einbindung der Anrainer bei Genehmigung und Installation von Basisstationen ist von großer Bedeutung. Sie entspricht einem guten Demokratieverständnis und den Grundsätzen einer rationalen Risikokommunikation.

Die Immissionssituation in den anliegenden Wohnungen ist von den Betreibern zu messen, zu erfassen und Anrainern sowie Genehmigungsbehörden offenzulegen.

Von der Installation von Basisstationen in der Nachbarschaft von Kindergärten, Schulen und Krankenhäusern ist dringend abzuraten, einerseits wegen der Ungewissheiten hinsichtlich der Gefährdung der Gesundheit der Kinder und Jugendlichen, andererseits - und insbesondere - wegen der vorhersehbar entstehenden Befürchtungen und Diskussionen mit den Anrainern.

Für bestehende und künftige Mobilfunksendeanlagen sind alle technischen Möglichkeiten auszunutzen, um eine möglichst niedrige Exposition von Anrainern zu gewährleisten.


Literatur

  1. Jürgen Helmut Bernhardt: Gesundheitliche Aspekte des Mobilfunks. Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 13, 2. April 1999 (41): A845.852.
  2. ICNIRP (1996). Health issues related to the use of hand-held radiotelephones and base transmitters. Health Phys, 70, 587.
  3. ICNIRP (1998a). Guidelines for limiting exposure to time-varying electric, magnetic and electromagnetic fields (up to 300 GHz). Health Phys, 74(4), 494.
  4. WHO (2000). Electromagnetic fields and public health: cautionary policies. Geneva, World Health Organization.
  5. International EMF Project: health and environmental effects of exposure to static and time varying electric and magnetic fields.
    http://www.who.int/peh-emf/
  6. Independent Expert Group on Mobile Phones c/o National Radiological Protection Board, Chilton, Didcot, Oxon OX11 0RQ
    www.iegmp.org.uk/IEGMPtxt.htm
  7. Royal Society of Canada (1999). A review of the potential health risks of radiofrequency fields from wireless telecommunications devices. Expert panel report prepared by the Royal Society of Canada for Health Canada. Ottawa, Royal Society of Canada, RSC.EPR 99-1.
    www.rsc.ca/english/RFreport.pdf
  8. Moulder, JE: Elektromagnetic fields and health
    www.mcw.edu/gcrc/cop/cell-phone-health-FAQ/toc.html
  9. Hyland, G J: Physics and biology of mobile telephony. Lancet 2000; 356: 1833-36
  10. McKinley, A., National Radiological Protection Board, UK, Vortrag auf der Tagung der ISEM (International Society of Environmental Medicine) Hannover, Oktober 2000.
  11. Rothman, K J: Epidemiological evidence on health risks of cellular telephones. Lancet 2000; 356: 1837-40.
  12. Pressemitteilung zum bisherigen Referentenentwurf zur <Verordnung des Handy-Verbots für Auto- und Radfahrer
    http://www.verbrauchernews.de/artikel/0000005943.html
  13. Verordnung über elektromagnetische Felder in Kraft getreten. Umwelt 1997, Nr. 1: 34.
  14. Internationale Konferenz Situierung von Mobilfunksendern, Wissenschaft & Öffentliche Gesundheit, Salzburg, Österreich, 7.-8. Juni 2000, Tagungsband. Gerd Oberfeld (Hrsg.) Land Salzburg, Landessanitätsdirektion
    www.land-sbg.gv.at/umweltmedizin

Kommission für Umweltfragen der Deutschen Akademie für Kinderheilkunde und Jugendmedizin:

  • Dr. St. Böse, München
  • Prof. Dr. H.-J. Hapke, Hannover
  • Dr. U. Heudorf, Frankfurt
  • Prof. Dr. K. E. v. Mühlendahl (Sprecher), Osnabrück
  • Dr. M. Otto, Osnabrück
  • Prof. Dr. F. Riedel, Hamburg
  • Dr. S. Schmidt, Osnabrück
  • Prof. Dr. M. Teufel, Böblingen.

www.buergerwelle.de