Paris, 18. Mai (AFP) - «Caernohabditis
elegans» ist ein mikroskopisch kleiner Fadenwurm. Weil sein Erbgut
bereits bis in den letzten Winkel analysiert wurde, ist er in den Labors
der Welt als Versuchstier beliebt. Und der Fadenwurm reagiert offenbar
auch auf Handys. In einem Laborversuch setzten Forscher den Wurm 18
Stunden lang einer Mikrowellenfrequenz aus, wie sie in ähnlicher Weise
vom Mobilfunk ausgeht. Als Reaktion produzierte der Wurm Hitzeschutz-Proteine
(HSP), die normalerweise zum Schutz des Organismus vor Erwärmung dienen.
Und das, ohne dass der Wurm sich sonderlich aufheizte. «Die aktuellen
Grenzwerte für Mikrowellensender müssen überdacht werden»,
heißt es in einer kurzen Testauswertung des Forschers David de Pommerai
von der Universität Nottingham, die jetzt im Wissenschaftsmagazin
«Nature» veröffentlicht werden soll.
Noch sind keine Schlüsse aus den
Tests gezogen, aber sie fachen erneut die Debatte über mögliche
Langzeitschäden durch mobiles Telefonieren an. Bislang haben sich
alle düsteren Vorhersagen über Krebs oder andere Krankheiten
durch Handy-Nutzung nicht im geringsten bewahrheitet. Doch kein Forscher
wagt im Umkehrschluss zu behaupten, dass Handys wirklich harmlos seien.
«Man muß jetzt genau auf die Kinder aufpassen, die mit sechs
Jahren mit dem Mobilfunk anfangen, und bis zum Alter von 80 Jahren telefonieren»,
warnt der französische Wissenschaftler Jean-Pierre Chevillot.
Die Zweifel sind immerhin so groß,
dass die Weltgesundheitsorganisation WHO ihr Internationales Krebsforschungszentrum
CIRC in Lyon beauftragt hat, 17.000 Menschen weltweit auf mögliche
Mobilfunk-Schäden zu untersuchen. Mehrere tausend Krebsfälle,
vor allem im Hirnbereich, sollen noch einmal bis ins kleinste Detail durchkämmt
werden. Die Europäische Union finanziert mit knapp vier Millionen
Euro die Hälfte der Kosten. Um die Unabhängigkeit der Studie
zu garantieren, werden Zuschüsse der Industrie nicht geduldet. Erste
Ergebnisse werden nicht vor Ende 2003 erwartet.
Die Gefahren des Mobilfunks sind bis
heute nicht einmal zu umreißen.
Fest steht nur, dass Telefonieren am Steuer gefährlich ist, weil es
- auch mit einer Freisprecheinrichtung - die Aufmerksamkeit vom Straßenverkehr
ablenkt. Über die Schäden durch Wellen weiß man fast nichts.
Handys arbeiten mit einer Frequenz zwischen 900 und 1800 Megahertz. Diese
sind vergleichbar mit den Strahlen eines Mikrowellenherdes, allerdings
fallen sie nur 500fach schwächer an.
Direkte Krebsgefahren schließen
die Forscher aus, dazu sind die Wellen zu schwach. Beim Telefonieren wird
aber ein Teil der Strahlen vom Kopf absorbiert. Das benachbarte Gewebe
heizt sich etwas auf, um weniger als ein Grad, aber meßbar. Welche
Folgen dies hat, ist unbekannt. Nicht auszuschließen ist, dass das
Gedächtnis, das Hör- oder Sehvermögen leiden. Aber beweisbar
sind diese Befürchtungen bislang nicht. Auch US-Studien, die bei Mobilfunk-bestrahlten
Ratten Mängel beim Schlafhormon Melatonin festgestellt haben, sind
bislang nicht auf den Menschen übertragbar.
mei/ao/se AFP 181519 MAI
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