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Rathaus
Ratingen: Mobilfunksender wurden versetzt
Die Hausmeisterfamilie
des Ratinger Rathauses war gesund, bis direkt an ihrer Wohnung Mobilfunksendeantennen
installiert wurden. Die Ratinger Verwaltung reagierte spontan und ließ
die Sender versetzen. Der Effekt: 98 % weniger Mikrowellenstrahlung.
Die Hausmeisterwohnung
liegt hoch oben auf dem Flachdach des großen achtgeschossigen Rathauses
von Ratingen. Vor der Wohnung sind Teile des Daches als Terrasse gestaltet
und begrünt. Hier lebt der Hausmeister Friedrich Schäfer mit Frau Brigitte,
Sohn Maik und Hund Oscar. Sie haben einen prächtigen Blick über die ganze
Stadt, bis nach Düsseldorf und Essen und in die Wälder der Umgebung.
Gesundheitsgefahr!
Auf dem Ratinger
Rathausdach gibt es Sender für den Funkrufdienst Quix und das Mobilfunknetz
E-Plus. Quix sendet mit 5 Watt Leistung aus einer Rundumantenne
und das E-Netz mit je 15 Watt aus drei gerichteten Sektorantennen. Quix
wurde im Dezember 1995 installiert und das E-Netz im August 1997.
Die Sendeanlagen
sind auf dem Flachdach und an den Außenmauern der Hausmeisterwohnung montiert,
nur drei (!) Meter von der Terrasse und vom Schlafraurn der Schäfers entfernt.
Die ganze Familie klagte über Gesundheitsbeschwerden, die alle erstmals
ab August 1997 auftraten, kurz nach der Installation der E-Plus-Mobilfunksender.
Der einst vitale
Hausmeister bekam jetzt starke Asthmaanfälle (die mehrmals vom Notarzt
behandelt werden mußten), beklagte zunehmende Müdigkeit, Kopfschmerzen,
Gereiztheit, Nervenstörungen, Zerschlagenheit, Ohrgeräusche und Schlafstörungen.
Er konnte nachts keine drei Stunden mehr schlafen.
Seine Frau bekam
Kopfschmerzen und Schwindel, fühlte sich zunehmend schlapp und unkonzentriert
und stellte bei sich Seh- und Schlafstörungen fest.
Deren achtjähriger
Sohn schlief ebenfalls schlecht, schlafwandelte jede Nacht mehrfach durch
die Wohnung und hatte erstmals starke Kopfschmerzen. Gegen seinen schlechten
Schlaf und die Kopfschmerzen verordnete man dem Kind Schlaf- und Schmerztabletten.
Dazu wurde seine Neurodermitis schlimmer als je zuvor, er klagte auch über
Sehstörungen.
Alle drei bemerkten,
daß sie agssiver und nervöser wurden. Ungewohnte Verhaltensauffälligkeiten
zeigte auch deren Hund: einst vital, schlief er nur noch. Waren Familie
und Hund nur ein oder zwei Tage woanders, bei Freunden oder bei Verwandten,
dann verschwanden die Symptome. Nach der Rückkehr stellten sie sich sofort
wieder ein. Auch der Schwiegervater kam nicht mehr gern zu Besuch, denn
sein Hörgerät brummte und piepte in der Wohnung, eine normale Unterhaltung
war unmöglich.
Der Gesundheitszustand
der ganzen Familie verschlechterte sich rapide. Es mußten immer stärkere
Medikamente gegeben werden. Der Hausarzt Dr. Peter Reinemer schrieb ein
Attest an die Ratinger Stadtverwaltung: "Meine Patienten Birgit, Friedrich
und Maik Schäfer können aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der
Wohnung leben. Es besteht absolute Gesundheitsgefahr. Der Zustand meiner
Patienten ist äußerst kritisch. Es ist davon auszugehen, daß das mit der
im August aufgebauten Funkanlage zusammenhängt."
Innerhalb von
wenigen Wochen verschlechterten sich die Laborwerte des Blutes bei Mutter,
Vater und Kind. Verschiedene medizinische Ergebnisse waren bedenklich aus
dem Lot, die Blutsenkungen erhöht.
Beim Vierbeiner
Oscar wurden ebenfalls Blutuntersuchungen gemacht, auch hier gab es ähnliche
Auffälligkeiten wie bei den Schäfers: Erythrozyten, Thrombozyten, Haemoglobin,
Haematokrit, MCV und MCH massiv verändert. Der Tierarzt befürchtete Thrombopenie
und äußerte einen Verdacht auf Leukämie.
Selten starke
Strahlung
Die clektromagnetischen
Strahlungsdichten, die wir im Oktober 1997 bei den Schäfers gemessen haben,
findet man selten: 1500-3000 nW/cm² auf der Terrasse, 100-800
nW/cm² im Elternschlafraum und 10-400 nW/cm² im Kinderzimmer.
Die Hintergrundbelastung durch Sender dieser Frequenz- und Modulationsarten
liegt nach unserer Erfahrung in städtischen Wohngebieten (einschließlich
der in den letzten fünf Jahren reichlich installierten D- und E-Netz-Sender)
bei etwa 0,001 bis 0,1 nW/cm², also beim zigtausendstel der hier
im Haus vorgefundenen Meßwerte.
Der Medizinphysiker
Dr. Lebrecht von Klitzing von der Universität Lübeck und andere Wissenschaftler
fanden im Laborversuch, daß sich die Gehirnströme im Einfluß der gepulsten
elektromagnetischen Mobilfunkstrahlen ändern, das bei einer Strahlungsdichte
von 100 nW/cm² und bei kurzzeitiger Exposition von nur wenigen Minuten.
Andere Forscher
fanden bei Versuchen mit Menschen und Tieren Symptome der Art, wie sie
auch bei den Schäfers auftraten, und mehr: Kopfsehmerzen, Blutbildveränderungen,
Leukämie, Hirntumore, erhöhte Mißbildungsraten, Veränderung der Lernfähigkeit,
veränderte Kalziumabgabe in Hirnzellen, Depressivität, Belastung des Immunsystems,
Nervenreizung, Hormonstörung, genetische Defekte, Trübung der Augenlinse,
technische Störungen an Geräten wie Herzschrittmachern und Hörhilfen.
E-Plus schrieb:
"Die Messungen von Herrn Maes haben gezeigt, daß die ermittelten Ergebnisse
in lhrer Wohnung deutlich unter den biologisch relevanten Werten liegen.
" Das stimmt, aber bitte, nur bezogen auf den thermischen Effekt nach DIN/VDE
und Elektrosmogverordnung, das heißt, auf die Möglichkeit der Erwärmung
des Körpers im Feld, denn nur das wird für biologisch relevant gehalten,
sonst nichts. Nun sind die Schäfers aber nicht warm sondern krank geworden.
Die seit Januar
1997 rechtlich verbindliche Elektrosmogverordnung (26. BImSchV) erlaubt
für die Frequenz des Quix-Senders (450 MHz) bis 200.000 nW/cm² und für
die der E-Plus-Sender (1,8 GHz) bis 900.000 nW/cm² bezogen -wie gesagt-
nur auf thermische Effekte. Alle sonstigen biologischen Risiken ohne die
nachweisbare Erwärmung des Körpers sind nicht von diesen offiziellen Grenzwerten
abgedeckt.
Eile geboten
Die Stadtverwaltung
von Ratingen reagierte spontan, als das baubiologische Gutachten mit einer
zusätzlichen Stellungnahme des Medizinphysikers Dr. Lebrecht von Klitzing
hierzu vorlag.
Dr. von Klitzing:
"Die geschilderten gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind ernst zu nehmen
und haben ein äußerst kritisches Stadium erreicht. Hier muß dringend Abhilfe
geschafft werden. Der Betreiber handelt unverantwortlich in Kenntnis, daß
die derzeitige Problemlösung über eine medikamentöse Therapie erfolgt,
vor allem, wenn einem achtjährigen Kind Schmerz- und Schlafmittel verabreicht
werden. Die von der Familie Schäfer geschilderten Probleme sind nach unseren
Erkenntnissen typisch für die gegebenen Feldbeeinflussungen. Die Argumentation
der eingehaltenen Grenzwerte reicht hier nicht aus."
Stadtdirektor,
Kämmerer, Amtsleiter, Personalrat, Gesundheitsamt, Sachverständige, wir
als Baubiologen und die beiden Senderbetreiber kamen zusammen. Es war Eile
geboten, denn die Stadt drohte mit der sofortigen Stillegung der Funkanlagen
auf dem Dach, und die Lokalzeitungen wurden schon aufmerksam. Es wurde
miteinander diskutiert, geplant, gestritten, überlegt.
Der gute Wille
zur spontanen und unbürokratischen Hilfe war bei allen Beteiligten vorhanden.
Die Familie Schäfer bekam als Erste-Hilfe-Maßnahme Sonderurlaub und danach
eine neue Wohnung in einem anderen Haus. Quix und E-Plus wurden angehalten,
ihre Antermen so einzurichten, daß sich eine drastische Reduzierung der
Feldstärken in den belasteten Hausmeisterräumen ergibt. Aber wie?
Die Betreiber
und wir experimentierten auf dem Rathausdach und fanden eine Möglichkeit:
Die drei E-Plus-Mobilfunksender wurden provisorisch von der Hausmeisterwohnung
an die entfernten Außenränder des Rathauses verlegt, mit Funkrichtung weg
vom Gebäude. Die Sendeboxen strahlen nämlich gerichtet, hauptsächlich nach
vorn, kaum nach hinten. Damit kam die Hausmeisterwohnung in den Funkschatten
hinter die einzelnen Sender. Der Erfolg: die Feldstärkereduzierung von
über 98 % nur durch diese Art der Verlegung. Der Quix-Sender wurde ebenfalls
provisorisch versetzt und seine Höhe verändert. Der Erfolg: auch hier 98
% weniger Strahlung im Haus. In den Wochen danach wurden die Sender dem
Experiment entsprechend umpositioniert.
Weniger Strahlung
Im April 1998 erfolgte
dann die Kontrollmessung nach den endgü1tigen Umbauten auf dem Rathausdach.
Die reduzierten Meßwerte während der Experimente konnten bestätigt werden.
Es gab, ausgehend von den versetzten E-Plus-Sendern, 98 % weniger Mikrowellenstrahlung
im Schlafzimmer der Wohnung und auf der Terrasse über 99,5 %. Der umgebaute
Quix-Rundumsender kam im Schlafraum auf eine Feldreduzierung von 97 % und
auf der Terrasse auf etwa 90%.
Wieder gesund
Derweil kam während
der Umbauten auf dem Rathausdach die Nachricht der Familie Schäfer aus
deren Sonderurlaub im Sauerland: Es ging ihnen spontan viel besser, sie
schliefen wieder durch, die Kopfschmerzen hörten auf, die Gereiztheit nahm
ab, Sohn Maik brauchte keine Tabletten mehr, der Hund wurde wieder agil
wie zuvor.
Nach Rückkehr
aus dem Urlaub ging es für die Familie Schäfer nicht zurück ins Rathaus,
sondern direkt in die neue Wohnung am Stadtrand, ohne Sender in der Nähe.
Auch in dieser mikrowellenunbelasteten Wohnung blieben alle einstigen Beschwerden
wie weggeblasen. Es ging von Tag zu Tag immer besser. Alle Blutwerte waren
einige Wochen später wieder normal, auch die von Hund Oscar.
Der berühmte
letzte Tropfen?
Interessant, daß
die Schäfers erst auf die Errichtung der E-Netz-Sender im August 1997 reagierten.
Nach Installation des Quix-Senders im Dezember 1995 kamen keine Klagen,
obwohl die Meßwerte des Quix-Senders im Haus und draußen sogar höher lagen
als die der E-Plus-Sender.
Liegt es an der
Frequenz? E-Plus sendet mit 1,8 GHz, Quix mit 450 MHz. Liegt es an der
Modulation, gepulst oder nicht? E-Plus moduliert anders als Quix. War E-Plus
nur der berühmte letzte Tropfen? Liegt es daran, daß zwei Sender ganz anders
wirken als nur einer? Oder daran, daß E-Plus ständig sendet und Quix nur
ab und zu, je nach Bedarf? Was biologische Summationseffekte und Wechselwirkungen
angeht ist eins und eins nicht zwei sondern zehn oder zwanzig.
Placebo und Psyche
sind hier, wie auch bei anderen Fallbeispieten, so gut wie ausgeschlossen,
weil die Eltern von einer Gefahr durch elektromagnetische Strahlen an Sendern
nichts wußten (schon gar nicht das Kind und der Hund), nichts gegen die
Installation hatten und sich optisch oder sonstwie überhaupt nicht beeinträchtigt
fühlten. |
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